|
Seite/Zeile(n)
|
Datum/Text
|
|
18. Juni 1968 |
|
1374, 2-18 |
Breshnev hatte Tränen ... Iljič hat geweint - Vgl. den Artikel »Czech Asserts Brezhnev
Conceded Policy Errors« der NYT vom 18.6.1968: »A recent high-level Czechoslovak visitor to the
Soviet Union said today that Leonid I. Brezhnev [...] tearfully denied in a two-hour meeting Friday that
the Soviet Union had tried to intervene to halt Czechoslovakia's democratization.
The incident was related by Josef Zednik, Deputy Speaker of the Czechoslovak National Assembly.
He reported that Mr. Brezhnev had said Moscow was prepared to justify itself before any international
tribunal.
Mr. Zednik's account of the meeting between Mr. Brezhnev and Czechoslovak parliamentary
delegation appeared in an interview published today [17.6.1968] in the newspaper Lidova
Demokracie. [Zednik] is a deputy of the Roman Catholic-orientated People's party, one of the small
political groups allied with the Communists in the National Front.
Mr. Brezhnev conceded that errors had been made by the Soviet Union [...] but he assured his guests
that there had been no intention of influencing developments in Czechoslovakia. The errors were not
specified.
According to Mr. Zednik, the Soviet leader expressed regret over some adverse features of the now
uncontrolled Czechoslovak press, radio and television, noting that some extreme opinions were
being heard and that attacks on the Soviet Union had appeared.
I did not expect to see tears in the eyes of such a high official and soldier, Mr. Zednik remarked at
that point.
[Zednik] said he was convinced there would be no intervention«.
Durch Rudolf Augsteins Artikel »Breschnews Tränen«
in DER SPIEGEL vom 26.8.1968, S. 20f., wurde die Kenntnis von den
Tränen weiterverbreitet. Augstein urteilte, daß der russ. Einmarsch in der
ČSSR nur mit Hitlers Besetzung von Böhmen verglichen werden könne, daß
aber, anders als in Ungarn, schwerlich eine überzeugende moskautreue Regierung
gefunden werden könne. »Nun ist klargestellt, daß die Sowjets keinem
Land ihrer Einflußsphäre gestatten werden, sich vom Bewußtseinsstand
der russischen Revolution wesentlich zu entfernen. Eher werden sie unter
Breschnews Schluchzern - ein ganzes Volk absetzen und seine Repräsentanten
nach Moskau verfrachten.«
Die Passage enthält mehrere literarische Anspielungen. Zum einen auf Schillers
Drama »Don Carlos«, IV, 2 dessen Kernsatz: »Der König hat / Geweint.«
in Thomas Manns »Tonio Kröger«, vgl. Mann (1974), Bd. VIII, S. 277, und seinem
»Versuch über Schiller. Seinem Andenken zum 150. Todestag in Liebe
gewidmet«, vgl. ebd., Bd. IX, S. 894, wieder aufgenommen wird.
Heinrich Heine hat in »Lutezia«, 1. Teil, XXVI, denselben Satz aus Schillers
Drama genutzt, um den frz. König Louis-Philippe zu charakterisieren: »Der
König hat geweint. Er weinte öffentlich, auf dem Throne, umgeben von allen
Würdenträgern des Reichs, Angesichts seines ganzen Volks, dessen erwählte
Vertreter ihm gegenüber standen, und Zeugen dieses kummervollen Anblicks
waren alle Fürsten des Auslandes, repräsentirt in der Person ihrer Gesandten
und Abgeordneten. Der König weinte! Dieses ist ein betrübendes Ereigniß.
Viele verdächtigen diese Thränen des Königs und vergleichen sie mit denen
des Reineke. Aber ist es nicht schon hinlänglich tragisch, wenn ein König so
sehr bedrängt und geängstet worden, daß er zu dem feuchten Hülfsmittel des
Weinens seine Zuflucht genommen? Nein, Ludwig Philip, der königliche
Dulder, braucht nicht eben seinen Thränendrüsen Gewalt anzuthun, wenn er
an die Schrecknisse denkt, wovon er, sein Volk und die ganze Welt bedroht
ist«, Heine (1975), Bd. 13.1, S. 102; vgl. Helbig (2001), S. 149-154; s.K. 1365, 11-21; s.K. 1415, 34-36; s. 1579, 30.
|
1374, 4 |
Professor Konstantinov - s.K. 1365, 9.
|
1374, 6 |
Volkspartei - Die »Christliche Bauernpartei«, eine kleine, der römisch-kath.
Kirche nahestehende politische Gruppierung, die mit der von den Kommunisten
dominierten Nationalen Front zusammenarbeitete.
|
1374, 7f. |
Nationalen Front - Vereinigung von KPČ, nichtkomm. Parteien und gesellschaftlichen
Organisationen (wie Gewerkschaften, Frauen-, Jugendverband),
die auch eine zu große Eigenständigkeit dieser Gruppen außerhalb der KPČ
verhindern sollte.
|
1374, 9 |
Lidova Demokracie - s.K. 1341, 2.
|
1374, 15 |
Leonid Iljitsch - Breschnew; s.K. 541, 2.
|
1374, 26 |
Anton Ackermann - Eigentlich Eugen Hanisch (25.12.1905-4.5.1973),
Strumpfwirker, seit 1926 Mitglied der KPD, seit 1935 im ZK der KPD, nahm
am Spanischen Bürgerkrieg teil, emigrierte in die UdSSR, seit 1946 Mitglied
des ZK der SED. Er entwickelte im ersten Heft der »Einheit« vom 9.2.1946
die These vom besonderen deutschen Weg zum Sozialismus, der durch die militärische
Besetzung, die Durchführung der Potsdamer Beschlüsse und den
auf demokratischem Wege neu geschaffenen Staats- und Wirtschaftsapparat
geprägt sei. Seit 1950 Kandidat des Politbüros und Mitglied der Volkskammer,
1953 wegen parteifeindlicher Fraktionsbildung aller Ämter enthoben, 1956
rehabilitiert, ohne politischen Einfluß wiederzugewinnen, beging Selbstmord;
s.K. XII, 43; 1394, 31-36.
|
1375, 20 |
Hotel Stadt Hamburg - s.K. 32, 5.
|
1375, 35-37 |
Du bist einer ... 6. Mai in Stettin - Herbert Mühlstadt berichtet von den »guten
Nachrichten«, die der Schriftsteller Willi Bredel dem Bürgermeister von
Güstrow, Hans Warnke, bringt: »Das Zentralkomitee hat drei Initiativgruppen
unter Leitung des Genossen Walter Ulbricht nach Deutschland gesandt. Die
Nordgruppe unter Gustav Sobottka ist am 6. Mai in Stettin eingetroffen, um
in Vorpommern und Mecklenburg die Kommunisten zu sammeln, ihnen die
politische Lage und die nächsten Aufgaben zu erklären sowie die Zusammenarbeit
mit Sozialdemokraten und bürgerlichen Hitlergegnern in die
Wege zu leiten«; vgl. Mühlstadt (1972), S. 148f.; s.K. 198, 2.
|
1375, 37 |
Genossen Sobottka - Gustav Sobottka (12.7.1866-6.3.1953), 1901-05 Arbeiter
im Ruhrbergbau; 1910 SPD, 1918 USPD, 1920 KPD; 1911-14 lokale Gewerkschafts- und Parteiarbeit;
Delegierter des 3. und 4. Weltkongresses der Komm. Internationale; 1921-32 Mitglied
des preußischen Landtags; 1933 Emigration ins Saargebiet, 1935 in die Sowjetunion; seit 1943 Mitglied
des »Nationalkomitees Freies Deutschland«, landete am 31.4.1945 bei
Stargard als Leiter einer Initiativgruppe des ZK der KPD für Mecklenburg-Vorpommern,
um wie die Gruppen Ulbricht (s.K. 993, 9) und Ackermann
(s.K. 1374, 26) im besetzten Deutschland eine zivile Verwaltung unter komm.
Einfluß aufzubauen; bildete gemeinsam mit A. Kundermann und K. Bürger eine provisorische
Landesleitung der KPD; Mitunterzeichner des Gründungsaufrufs der KPD am
11.6.1945 in Berlin; Juni-November 1945 Vorsitzender der Landesleitung der mecklenburgischen KPD und Mitglied des
provisorischen ZK der KPD; 1945-47 Vizepräsident, 1947/48 Präsident der Zentralverwaltung
für Brennstoffindustrie; 1948/49 Leiter der Hauptverwaltung
Kohle bei der Deutschen Wirtschaftskommission; 1949-51 im Ministerium
für Schwerindustrie.
|
1375, 38 |
Stargard - s.K. 1186, 13f.
|
1375, 38- 1376, 1 |
mit in Waren ... Mecklenburg und Vorpommern - »Die Initiativgruppe Nord des
Zentralkomitees, die sich in Waren/Müritz zur provisorischen Landesleitung
der KPD für Mecklenburg und Vorpommern konstituiert, geht zum planmäßigen
Aufbau kommunistischer Parteiorganisationen über«, Mühlstadt
(1972), S. 150f.
|
1375, 39 |
Müritz - s.K. 56, 25.
|
1376, 6-18 |
52 Prozent sind ... elf fahrplanmäßige Omnibuslinien - Mühlstadt (1972),
S. 175f., zitiert aus einem Artikel Hans Warnkes (s.K. 198, 2) in der »Volkszeitung«
(ohne Datum): Ȇber 2300 Junker und Gutsbesitzer und einige
hundert aktive Faschisten sind enteignet und ihr Boden den Landarbeitern,
landarmen Bauern und Umsiedlern gegeben. 62 Prozent der landwirtschaftlichen
Nutzfläche Mecklenburgs, die bisher Großgrundbesitz waren, werden
von 64783 Neubauern bewirtschaftet. Außer ihnen gibt es noch 46000 Altbauern
im Land [...].
Sehr wichtig für uns war die Ingangsetzung des Transportwesens. 26
Großbrücken und viele kleine zerstörte Übergänge wurden wieder
hergestellt. Wir haben die Brückentrümmer beseitigt und die Schiffahrtswege bis
auf eine Stelle freigemacht. Autotrümmer des geschlagenen Hitlerheeres
wurden gesammelt und in 280 Werkstätten zu brauchbaren Fahrzeugen montiert.
Dadurch laufen heute im Land 539 LKWs, 243 Zugmaschinen, 89 Spezialfahrzeuge,
14 Omnibusse, 437 PKWs und 281 Motorräder. Neben den
Eisenbahnstrecken haben wir elf fahrplanmäßige Autobuslinien in Betrieb
genommen [...].
52 Prozent unserer Einwohner sind im Lauf des letzten Jahres als Umsiedler
in unser Land gekommen. Es gilt für uns, diese Menschen nicht nur unterzubringen,
sondern sie einzureihen ins wirtschaftliche und gesellschaftliche
Leben.«
|
1376, 15 |
Bolter Schleuse - s.K. 977, 22f.
|
1376, 27 |
eine Ackernahrung - Die Ackerfläche, die eine Familie allein bewirtschaften
kann und die ihr ausreichenden Lebensunterhalt gibt, meist 7,5 ha; s. 1376, 37.
|
1376, 29 |
in Ruten - Altes dt. Längenmaß zwischen 2,8 und 5,3m, in Oldenburg maß
sie 5,326m; von Johnson durchgängig falsch, nämlich als Flächenmaß, verwendet;
s. 1401, 26; 1635, 1.
|
1376, 33 |
Einer hat in Schweden abgewartet - Aus der Gruppe Sobottka waren drei Mitglieder
in Schweden im Exil gewesen: Karl Mewis (22.11.1907-16.6.1987)
war 1940-42 Vorsitzender der Auslandsleitung der KPD in Schweden,
1942/43 dort interniert. Erich Glückauf (12.9.1903-23.4.1977) war von
1939-45 im schwed. Exil, seit 1940 interniert. Herbert Warnke (24.2.1902-26.3.1975)
hatte seit 1936 im Widerstand in Dänemark und Schweden gearbeitet
und war 1939-43 in Schweden interniert.
|
1376, 35-39 |
dich haben die ... der Linie hatte - »Die Genossen finden die beabsichtigte Bodenzuteilung
von durchschnittlich fünf Hektar zu gering. Haben wir nicht
früher die Meinung vertreten, zu einer Ackernahrung gehörten zwölf bis
fünfzehn Hektar? wird Hans Warnke eines Tages gefragt.
So habe ich damals diskutiert, gibt er offen zu. Heute geht es jedoch darum,
Hunderttausenden von Umsiedlern eine Existenz zu geben. Wie werden
sie denn wirtschaften müssen? Mit ihrer Familie, mit einfachsten Geräten, mit
Ochsengespannen, bestenfalls mit einem oder zwei Pferden! Ihr Land werden
sie wie ihren Garten pflegen müssen, wenn sie gute Erträge erzielen wollen!
Überlegt doch einmal richtig: Mehr als fünf Hektar sind auf diese Weise gar
nicht zu bestellen!«, Mühlstadt (1972), S. 170, s.K. 198, 2.
|
1377, 9-12 |
mit landwirtschaftlicher Großproduktion ... Agrarkapitalisten gedient haben - In der
Biographie Hans Warnkes (s.K. 198, 2) werden Einwände von KPD-Mitgliedern
angeführt: »Warum überhaupt die großen Güter aufteilen? Sozialistische
Produktion ist doch Großproduktion.
Und wer soll sie leiten, die großen Güter? Etwa die Inspektoren der Junker?
hält Hans Warnke solchen Fragern entgegen«; vgl. Mühlstadt (1972), S. 171;
s.K. 198, 2.
|
1377, 15-17 |
Sie verlangen von ... durch die Arbeiterklasse - Hans Warnke wird auf der ersten
Parteiversammlung der KPD am 19.6.1945 in Güstrow gefragt:»Warum kein
Wort von der Diktatur des Proletariats und Sowjetmacht in Deutschland? Was
ist das für ein Sozialismus?«; vgl. Mühlstadt (1972), S. 149; s.K. 198, 2.
|
1377, 20-25 |
dazu eben hat ... und Wismar verliert - s.K. 1211, 26; 1348, 2; 1353, 11-14.
|
1377, 23-29 |
Anderen will es ... moralisch, dann politisch - Bei Hans Warnke erschienen Vertreter
eines Arbeiterrats der Neptun-Werft Rostock, wo seit Ende Mai unter
Aufsicht sowj. Ingenieuroffiziere demontiert wurde. Auf ihre Bitte, sich für
die Beendigung der Demontage und den Wiederaufbau der Werft einzusetzen,
reagierte er wie folgt: »Habt ihr schon vergessen, daß der deutsche Faschismus
den Krieg heraufbeschworen und unser Volk ihn nicht verhindert
hat? fragte er streng. Dieser Schuld kann sich kein Deutscher entziehen, sagt
unsere Partei. [...] Die Neptun-Werft steht auf der Demontageliste der Alliierten,
weil sie Kriegsschiffe und Zubehör für V2-Raketen produzierte!
Es ist eine harte, bittere, unpopuläre Wahrheit, die er unverblümt ausspricht.
Zugleich imponiert ihm, was die Rostocker schreiben, und alles stimmt aufs
Haar: ohne Neptun-Werft hätte Mecklenburg kein proletarisches Zentrum
mehr«; vgl. Mühlstadt (1972), S. 164-166; Warnke unterbreitete die Pläne der
SMAD, einige Wochen später wurde die Demontage eingestellt; s.K. 198, 2;
1398, 12-14.
|
1377, 26 |
bei Heinkel und Arado - Heinkel: s.K. 703, 14; Arado: s.K. 935, 31.
|
1377, 27 |
bei Neptun - 1850 als »Schiffswerft und Maschinenfabrik Wilhelm Zeltz und Albrecht Tischbein« gegr., seit
1890 »Actiengesellschaft Neptun«, seit 1927 zur »Deutschen Schiff- und Maschinenbau Aktiengesellschaft« gehörig.
Im 2. Weltkrieg ein Schwerpunkt der Rüstungsindustrie, wo seit 1941 zehn U-Boote gebaut wurden. Nach dem 2. Weltkrieg
die Werft als SAG geführt und vorwiegend als Reparationsleistungen Reparaturen ausgeführt und Fischereifahrzeuge gebaut.
Als VEB Schiffswerft »Neptun« (seit 1953) wurde sie mit 7.000 Beschäftigten die größte Seeschiffswerft der DDR, spezialisiert
auf Mehrzweckfracht-, Tiefkühl-, Hebe- und Fährschiffe; s.K.
1398, 14.
|
1377, 27f. |
bei Dornier Flugboote - Dornier hatte zur Zeit des 2. Weltkriegs eine führende
Position im Bau von Flugbooten; berühmt wurden die »Wal« genannten Typen
in verschiedenen Versionen sowie die Do-Typenreihe; s.K. 833, 14f.
|
1377, 34-37 |
die Läden von ... zum exakten Schwarzmarktpreis - Rasno (russ.): verschieden.
Seit 1946 waren mehrere sowj. Handelsgesellschaften, z.T. Filialen Moskauer
Unternehmen, in den Binnen- und Außenhandel der SBZ eingeschaltet,
die Waren der SAG-Betriebe vertrieben und den Export in Länder des Sowjetblocks
und ins westliche Ausland verwalteten. Maschinoimport, Sojuspuschtschina,
Export-Import-Holz, Export-Lyon, Jenapra und Derunapht
gehörten neben den genannten dazu, alle spielten bis 1953 eine bedeutende
Rolle.
»Techno-Export kaufte Näh-, Rechen-, Schreibmaschinen und Autos auf
und verkaufte sie ins Ausland. [...] Die bekannteste und bei der Bevölkerung
bestgehaßte wurde die Rasno-Export. Sie nutzte die Not der Bevölkerung
nach Kräften aus und holte aus ihr heraus, was herauszuholen war. Sie übernahm
Gold und Silber, jeden Schmuck bis zu Trauringen, alte Gemälde und
wertvolles Porzellan. Sie bezahlte in Zigaretten zu Schwarzmarktpreisen. In
verschiedenen Städten wurden Läden eröffnet. Sie waren plötzlich da.
Niemand wußte, wer die Genehmigung hierzu gegeben hatte. Als die Polizei
eingreifen wollte, wurde ihr bedeutet: Nix eingreifen!
Ulbricht zuckte mit den Schultern: Ich weiß von nichts!«, Gniffke (1966),
S. 201.
|
1377, 39- 1378, 1
|
Emigranten, die nicht wiedergekommen sind - s.K. 819, 5.
|
1378, 12 |
Hitlergrußes - s.K. 896, 1.
|
1378, 13-16 |
Der Präsident der ... erst noch lernen - Wilhelm Höcker und Hans Warnke (s.K. 198, 2) hatten auf Aufforderung General Skossyrews als Direktor der zu eröffnenden
Landesbank einen Bürgerlichen vorgeschlagen, da sie keinen Kommunisten
oder Sozialdemokraten mit Bankerfahrung kannten. Skossyrew
schlug daraufhin zwei Direktoren vor: »Der eine Direktor lernt von dem anderen
marxistische Wirtschaftspolitik; der andere lernt, wie man eine Bank
leitet. Er sah uns ins Gesicht. Gut für beide. Nützlich für die Gesellschaft!
Wir brauchen proletarische Bankexperten. Einverstanden?[...]
Am 2. August 1945 wurde die Landesbank Mecklenburg-Vorpommern
unter dem Präsidenten Dr. Wiebering, einem bürgerlichen Antifaschisten,
und dem Vizepräsidenten Erhard Forgbert, einem Kommunisten, eröffnet«;
vgl. Mühlstadt (1972), S. 161f.
|
1378, 14 |
Dr. Wiebering - Paul Wiebering (4.1.1881-20.7.1966), bis 1945 Direktor der
Mecklenburgischen Hypotheken- und Wechselbank, 1945-50 Leiter der neuen Landesbank
Mecklenburg-Vorpommern mit dem Titel »Bankpräsident«, im Juni 1950 von dem Posten entbunden,
den das SED-Mitglied Erhard Forgbert (s.K. 1378, 15) erhielt.
|
1378, 15 |
Vizepräsident ist Forgbert - Im Handbuch Mecklenburgischer Landtag, S. 75,
findet sich folgender Lebenslauf für Erhard Forgbert (30.9.1898-1968): »Lebensgang:
Volksschule, kaufmännische Fachschule, technische Abendschule,
Kaufmännischer Angestellter, arbeitslos, Mitarbeiter der UdSSR, Sekretär der
IAH, Versicherungsvertreter, kaufmännischer Leiter in Niederschlesien. Seit
August 1945 stellv. Leiter der Landesbank Mecklenburg. Tätigkeit im öffentlichen
Leben: Mit 27 Jahren Mitglied des ZdA - Freigewerkschaft -. Mit 20
Jahren politisch organisiert bei der KPD-SED. In der Hitlerzeit wegen laufender
illegaler Tätigkeit wiederholt zu mehrjährigem Gefängnis verurteilt.
Mitglied der SED. Vorstandsmitglied in politischen, gewerkschaftlichen und
kulturellen Organisationen. Mitglied der Landesversammlung und der SED-Fraktion
des Landtags von Mecklenburg.«
Forgbert war seit 1945 1. stellv. bzw. 2. Direktor der Landesbank Mecklenburg;
1946-50 im Landesvorstand des FDGB; 1946-52 im Landesvorstand der
SED und Mitglied des Landtages von Mecklenburg; ab 1949 Leiter des Amtes
für Volkseigene Betriebe im Ministerium für Wirtschaft des Landes Mecklenburg;
bis 1956 Prorektor für Studentenangelegenheiten an der Universität
Halle; seit 1958 Direktor des Instituts für Marxismus-Leninismus an der
Humboldt-Universität in Ostberlin.
|
1378, 20 |
Dr. Dr. Heinrich Grimm - Konnte nicht nachgewiesen werden.
|
1378, 33-35 |
Kåmen sei, so ... un nich kåmen - (nd.) Kommen sie, so kommen sie nicht;
kommen sie nicht, so kommen sie; besser ist es, sie kommen nicht und kommen
doch, als daß sie kommen, und nicht kommen.
|
1378, 38f. |
Duven un Arwten - (nd.) übersetzt im Text.
|
1378, 39 |
Du mußte - Druckfehler in allen Ausgaben, richtig: Du mußt.
|
1379, 1f. |
Mannheim - Stadt an der Mündung des Neckars in den Rhein; s.K. 1859, 35.
|
1379, 20 |
Dom Offizerov - (russ.) Haus der Offiziere; s.K. 1347, 13.
|
1379, 23-35 |
da ruft das ... zu Nachtdienst verpflichten - »Im Rathaus bei Hans Warnke erscheint
der Kommandant.
Sie waren am Bahnhof?
Nein! Dazu war bisher keine Zeit.
Dann sofort hingehen!
Genosse Warnke geht und sieht: Auf allen Gleisen Flüchtlingszüge. An Weitertransport
ist nicht zu denken, denn auf den Schienen liegen Trümmer, und
vor ihrem Abzug haben die Faschisten mehrere Brücken gesprengt. Die Frauen,
Kinder und Greise aus Pommern und Ostpreußen, die von den Nazis zur
Flucht gezwungen wurden, sind seit Tagen ohne Lebensmittel und ärztliche
Hilfe. Es fehlen vor allem sanitäre Anlagen auf dem Bahnhofsgelände. Sogar
an Wasser mangelt es. Entkräftet, verdreckt, verlaust, verzweifelt hausen die
Menschen in den Waggons. Schwerkranke sind unter ihnen. Wer stirbt, und
das sind nicht wenige, wird einfach aus dem Waggon geworfen.
Hans Warnke überläuft es siedendheiß: Seuchengefahr - das Leben von
40000 Menschen ist bedroht!«
[Der Architekt Rudolf Weise, der Maler Ernst Fuchs und der Eisenbahner
Henning bieten sich als Helfer an.]
»Sie organisieren die Bestattung der Toten und den Bau sanitärer Anlagen, die
medizinische Betreuung und die Ernährung, die Aufräumungsarbeiten und
die Inbetriebnahme der Stellwerke und Signalanlagen. Und sie leiten die Unterbringung
der Flüchtlinge aus den Eisenbahnwaggons in die Stadt ein.
Nach sechs Tagen ist die Seuchengefahr gebannt«, Mühlstadt (1972), S. 146;
s. 1434, 8f., wo die Einwohnerzahl von Gneez für 1946 mit 38.000 angegeben
wird.
|
1379, 33 |
Volkssolidarität - Im Oktober 1945 von allen Parteien und dem Freien Deutschen
Gewerkschaftsbund als Hilfsorganisation für die Notlagen der Nachkriegszeit
gegr., entwickelte sich zur Massenorganisation für alte und kranke
Menschen.
|
1380, 4f. |
die Vereinigung mit den sozialdemokratischen Heinis - s.K. 1361, 10f.; s. 1395, 11f.
|
1380, 6 |
Volksfront - s.K. 811, 36.
|
1380, 9-13 |
Du bringst den ... und einen dahinter - »An vielen Gutsaufteilungen nimmt
Hans Warnke im Auftrag der KPD teil, so auch in Divitz-Frauendorf bei Stralsund.
In seiner Ansprache rechnet er gründlich mit der Vergangenheit ab, die
in diesem Ort durch das Geschlecht der Grafen von Gröbern bestimmt wurde.
Als der gegenwärtige Graf noch preußischer Landtagsabgeordneter war,
bestritt er den Landarbeitern jedes Recht auf Bildung und höhnte: Vor dem
Pflug zwei Ochsen und einer dahinter! Wozu brauche ich gebildete Ackerknechte!
Daran erinnert Genosse Warnke. Jetzt sei jedoch eine neue Zeit angebrochen,
in der die Unwissenheit und Armut im Dorf beseitigt werde! Und
er zeichnet das Bild einer künftigen gebildeten und wohlhabenden Bauerngeneration«,
Mühlstadt (1972), S. 173f.; s.K. 198, 2.
|
1380, 10 |
Grafen von Gröbern - Vermutlich ist Karl Graf von der Groeben (17.9.1788-13.7.1876)
gemeint; preußischer Offizier und Politiker; trat 1806 in
die preußische Armee ein; nahm 1812 seinen Abschied, um auf russ. Seite
weiter gegen Napoleon zu kämpfen; an den Befreiungskriegen wieder als
preußischer Offizier beteiligt; 1842 Generalleutnant; 1843 Generaladjutant
Friedrich Wilhelms IV.; seit 1854 Mitglied des preußischen Herrenhauses;
1858 als General der Kavallerie in den Ruhestand getreten.
|
1380, 14 |
Wehrlich - s.K. 570, 9.
|
1380, 15 |
Verlosung - Um Ungerechtigkeiten bei der Landverteilung auszuschließen,
wurden während der ersten Phase der Bodenreform die einzelnen Anteile in
vielen Fällen verlost; vgl. Bernitt (1954), S. 305; Mühlstadt (1972), Fotoanhang;
Quandt (1978), S. 49; s.K. 1197, 15; 1198, 2-6.
|
1380, 19-35 |
Dann schickt dir ... Augen gespielt wurde - »In einer Sitzung der Landes-Bodenkommission
erscheint Herr Dr. Kramer aus Berlin, ein Vizepräsident der
Zentralverwaltung für Landwirtschaft. Er kommt mit einem Stab von Agrarexperten,
um den Mecklenburgern mit guten Taten beizustehen, wie er sagt.
Die Experten meinen, nach den klimatischen und sonstigen Bedingungen sei
Mecklenburg das ideale Gebiet für die Züchtung und Vermehrung von Saatkartoffeln.
Der Pflanzgutbedarf der gesamten sowjetischen Besatzungszone, ja
ganz Deutschlands lasse sich in Mecklenburg-Vorpommern erzeugen - beste,
ertragreiche Sorten. Allerdings - aber das sei den verehrten Herren Kollegen
von der Landes-Bodenkommission gewiß bekannt - erfordere der Anbau
von Saatkartoffeln große Flächen! Nachtigall, ich hör dich trapsen, denkt
Herr Warnke. Laut fragt er: Was folgern Sie daraus?
Von der Aufteilung müßten in Mecklenburg-Vorpommern mindestens
500000 bis 600000 Hektar Gutsland ausgenommen werden, erwidert Dr.
Krause, das geböten Weitsicht und Vernunft.
Die Landes-Bodenkommission läßt sich mit solchen Beschützern des Großgrundbesitzes,
die sich in die antifaschistisch-demokratische Zentralverwaltung
der Landwirtschaft eingeschlichen haben, nicht beeindrucken«, Mühlstadt
(1972), S. 172f.; s.K. 198, 2.
|
1380, 33 |
tiftelst - (ugs.) zu: tüfteln, sich den Kopf zerbrechen.
|
1380, 39 |
Hausvertrauensmanns - Nicht unähnlich dem Blockwart der Nazizeit war er
für die Durchführung städtischer Anordnungen verantwortlich, vor allem für
die Führung des Hausbuches, in das alle über Nacht bleibenden Besucher sich
einzutragen hatten; s. 1783, 31.
|
1381, 14-18 |
In Rostock tritt ... als Kriegsverbrecher betrachten - »Die bestraften Faschisten, die
fast ausnahmslos außerhalb der sowjetischen Besatzungszone leben, schicken
vergebens ihre Juristen vor, um den Lauf der Gerechtigkeit aufzuhalten.
Auch einige angebliche Antifaschisten, die sich in demokratische Ämter eingeschlichen
haben, gehören zu diesen Kreaturen. So versucht in Rostock Dr.
Kaltenborn die Enteignung der Ernst-Heinkel-Aktiengesellschaft zu hintertreiben,
indem er den Betrieb des hitlertreuen Flugzeuglieferanten und Monopolkapitalisten
Heinkel der Sequester-Kommission nicht meldet. Mit geheuchelter
Naivität vertritt er die Ansicht, über Heinkels Enteignung könne
nicht befunden werden. Die englischen Militärbehörden, bei denen er sich
befinde, hätten ihn nicht zum Kriegsverbrecher erklärt! Jedoch durch solche
Winkelzüge läßt sich die Partei der Arbeiterklasse nicht täuschen. Genosse
Warnke wird beauftragt, das Heinkelvermögen bis zur endgültigen Entscheidung
dem Innenministerium und damit der staatlichen Kontrolle zu unterstellen«,
Mühlstadt (1972), S. 185f.; s.K. 198, 2.
|
1381, 15 |
Dr. Kaltenborn - Dr. jur. Karl Heinz Kaltenborn, geb. 12.5.1906, Wirtschaftsjurist;
1935-37 Syndikus bei der Deutschen Rentenbank-Kreditanstalt Berlin,
»wegen Nichtzugehörigkeit zur Nazipartei Beförderung zum Direktor
abgelehnt und entlassen« (Handbuch Mecklenburgischer Landtag, S. 85),
1937 Leiter der Rechtsabteilung bei der Wirtschaftsgruppe Ambulante Gewerbe,
seit August 1940 Referent beim Heeres-Waffenamt in Berlin; seit Dezember
1945 Mitglied der CDU und stellvertretender Fraktionsführer, vom
31.7.1945 bis Dezember 1948 Leiter der Rechts- und Finanzierungsabteilung
bei der Landesverwaltung bzw. im Ministerium für Wirtschaft des Landes
Mecklenburg; ab 1946 auch Leiter des Bereichs Industrie in der Abteilung
Industrie, Handel und Versorgung; von Oktober 1946 bis Januar 1950
Mitglied des Landtages Mecklenburg; im Januar 1950 aus der Partei ausgeschlossen
und in die Bundesrepublik geflüchtet; Mitglied der Exil-CDU; vgl.
Broszat/Weber (1990).
|
1381, 18-24 |
nach Bützow, wo ... wo sie sind - Um die vor der Küste gesunkenen Schiffe zu
heben und aufzurüsten, fehlten Werftkapazitäten. Nach der Darstellung von
Mühlstadt habe Fedjuninski Wilhelm Höcker und Hans Warnke geraten, von
der SMAD Teile der in Stettin für die SU bestimmten Demontagen zu erbitten.
(Stettin gehörte nach dem Krieg nicht zu Polen, sondern unterstand direkt
sowj. Verwaltung.) Im Februar 1946 traf in Wismar ein Schiff aus Stettin
ein. »Es fehlt jedoch an Sauerstoff. Wieder hilft die Sowjetische Militäradministration.
In Peenemünde, wo die faschistischen V-Raketen produziert wurden,
gibt es eine Sauerstoffabrik, die zur Demontage vorgesehen ist. Ihre
Anlage überläßt die Sowjetunion der deutschen Arbeiterklasse, damit sie in
Bützow ein Sauerstoffwerk errichten kann.
Eines Tages, so erzählt Hans Warnke, kamen Vertreter eines Konzerns aus den
Westzonen in die Landesverwaltung. Sie hatten vom Bau der Fabrik in Bützow
erfahren und meinten, was wir da machten, sei ja schön und gut, aber wir
verstünden doch nichts von der Sauerstoffgewinnung.
Wir hätten keine Spezialisten, keine Kesselwagen, keine Flaschen, und juristisch
betrachtet, gehöre die gesamte Fabrik ihrem Konzern. Dann unterbreiteten
sie mit gewinnendem Lächeln ihren Vorschlag: Ihr Konzern sei bereit,
das Werk in Bützow aufzubauen und zu betreiben. Natürlich brauche das
gewisse Sicherheiten. Sie verstehen: Schutz vor Einmischung der Behörden
und vor Enteigung!
Wir verstanden sehr gut. Das Konzernangebot lehnten wir selbstverständlich
ab. Wären wir auf die Vorschläge des Monopolkapitals eingegangen, hätten
diese Leute unsere Wirtschaft bald wieder unter ihrer Kontrolle gehabt.«; vgl.
Mühlstadt (1972), S. 168; s.K. 198, 2; s. 1398, 15.
|
1381, 18 |
Bützow - s.K. 102, 25.
|
1381, 18 |
Peenemünde - s.K. 671, 37.
|
1381, 26f. |
in Mittelachse - s. 934, 34.
|
1381, 36 |
Es ist nicht reinlich - Anspielung auf Goethes »Faust. Der Tragödie zweiter
Teil«, 5. Akt, Verse 11954-11957:
Die vollendeteren Engel:
Uns bleibt ein Erdenrest
Zu tragen peinlich,
Und wär’ er von Asbest,
Er ist nicht reinlich.
|
1382, 8-11 |
Er hatte ein ... einzige nicht lächelnd - Der Fototeil in Mühlstadts Biographie
von Hans Warnke enthält ein Bild von ihm als Oberbürgermeister von Güstrow
neben dem sowj. Kommandanten Swornarjew. Hinter ihnen steht eine
hochgewachsene, hübsche junge Frau mit hochgebundenem Kopftuch. Sie
lächelt als einzige. Der Bildtext benennt sie nicht, aber es ist bekannt, daß Slata
Kriwussjawa (s.K. 910, 32-911, 6) dem Kommandanten als Dolmetscherin
diente. Ein ähnliches Foto findet sich auch bei Quandt (1978), S. 55; s.K. 198, 2.
|
|
|