21. März 1968
894, 29-895, 2 Ein westdeutscher Schauspieler ... das vorher nicht - Vgl. den Artikel »German Actor, Denouncing U.S., Returns to East« der NYT vom 21.3.1968: »Wolfgang Kieling, 44 years old, a leading German stage and screen actor, crossed into East Berlin over the weekend. [...]
In a letter left behind with friends and made public today, he said he could no longer live in West Germany because of its ›complicity with the crimes of the American Government against the American Negro and the people of Vietnam.‹« Kieling bezeichnete die amerik. Regierung als »the most dangerous enemy of humanity in the world today«. Sein Urteil basiere auf den Erfahrungen, die er 1965 während der Aufstände in Watts gemacht habe, als er sich anläßlich der Dreharbeiten zu Hitchcocks »Torn Curtain« in Los Angeles aufhielt. Er spielte in dem Film einen ostdt. Agenten.
Wolfgang Kieling (16.3.1924-7.10.1985), lebte bis 1958 in der DDR, dann in der BRD, spendete 1965 den Goldenen Bundesfilmpreis dem Vietcong. Er erklärte, die DDR sei das »einzige deutschsprachige Land, wo ich mit Gewißheit sagen kann, daß es an den Verbrechen der amerikanischen Politik keinen Anteil hat«; vgl. Neues Deutschland 20.3.1968; DER SPIEGEL 25.3.1968, S. 199f.

895, 2f. Wenn Einem eines ... in ein anderes - s.K. 80, 16.

895, 4-9 Es gibt auch ... Kosten nicht wert - Vgl. den Artikel »Shoup, Calling for Talks, Doubts Military Victory« der NYT vom 21.3.1968: »Gen. David M. Shoup, former Marine commandant, estimated today in a renewed attack on the Administration’s Vietnam policy that up to 800,000 American troops would be required just to defend South Vietnamese population centers against Communist attack. [...]
He said that the only way the United States could achieve military victory would be by invading North Vietnam, and contended that the Vietnamese war was not worth the cost.«
David Monroe Shoup (30.12.1904-13.1.1983), 1956-58 Kommandeur der 3. Marines Division auf Okinawa; 1958-59 kommandierender General des Rekrutierungs-Depots auf Parris Island; 1959 Chief of Staff und 1960-63 Kommandeur des US-Marines Corps.

895, 11 Volksempfänger - s.K. 835, 7.

895, 13 jeder Siegesfanfare, die eine »Sondermeldung« verhieß - Die »Sondermeldungen« im Radio durch ein Fanfarenmotiv aus Franz Liszts sinfonischer Dichtung »Les Préludes« eingeleitet.

895, 14 Stalingrad - s.K. 271, 28.

895, 17f. die Biographie des Reichsluftmarschalls Göring - Erich Gritzbach: Hermann Göring. Werk und Mensch, München 1938.
Hermann Göring (12.1.1893-15.10.1946), dt. Politiker, Jagdflieger im 1. Weltkrieg; enger Vertrauter Hitlers, seit 1922 Mitglied der NSDAP, Oberster SA-Führer, ab 1928 im Reichstag, 1932-45 Reichstagspräsident, ab 1933 Preußischer Ministerpräsident; hauptverantwortlich für die Errichtung der Diktatur. Göring baute die Geheime Staatspolizei (Gestapo) auf und errichtete die ersten KZ für politische Gegner. Seit 1933 Reichsminister für Luftfahrt, seit 1934 Reichsforst- und Reichsjägermeister; er baute die Luftwaffe auf, wurde 1938 deren Oberbefehlshaber; 1938 zum Generalfeldmarschall und nach dem Frankreichfeldzug 1940 zum Reichsmarschall des Großdeutschen Reiches ernannt; mitverantwortlich für die Fehlschläge der dt. Luftwaffe im Krieg. Er leitete auch die wirtschaftliche Kriegsvorbereitung. Während des Krieges spielte er eine entscheidende Rolle bei der Organisation der Zwangsarbeit ausländischer Arbeitskräfte und bei der Massentötung der Juden; im April 1945 aus der NSDAP ausgeschlossen und aller Ämter enthoben, Hauptangeklagter im Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß und zum Tode verurteilt, beging Selbstmord; s.K. 720, 13-16; 1123, 11-16; 1493, 17-19.

895, 18 »Stukas« - Curt Strohmeyer: Stukas! Erlebnis eines Fliegerkorps, hg. von Freiherr von Richthofen, Berlin (um 1940). Johnson besaß ein Exemplar; s.K. 832, 29-34.

895, 18f. »Mölders und seine Männer« - Buch von Fritz v. Forell, Graz 1941, in dem der Flieger und sein Geschwader als Helden im Sinne nationalsoz. Propaganda dargestellt werden; Johnson besaß ein Exemplar; s.K. 859, 31-38.

895, 27 Lyzeum und Gymnasium in Gneez - Güstrow hatte ein Lyzeum »Am Wall«; s. 899, 37; 933, 29; 962, 33; 965, 33f.; 1207, 9; 1216, 32; 1251, 17; 1451, 3f.; 1828, 39; Gymnasium: s.K. 413, 27.

895, 32 Sudetendeutscher - s.K. 663, 1f.

895, 33 Henleinputschist - s.K. 663, 1f.; 667, 15.

895, 35 Reichspropagandaminister Goebbels - s.K. 602, 27.

896, 1 zum deutschen Gruß der Nazis - Beim sog. »Deutschen Gruß« oder »Hitlergruß« wurde der ausgestreckte rechte Arm bis in Augenhöhe gehoben und »Heil Hitler« gerufen, was Verehrung für den Führer und das dt. Volk bezeigen sollte. Die Nationalsozialisten gaben ihn als germanische Tradition aus; s. 1068, 24-26; 1378, 12.

896, 3-6 Du bist ein ... in Wersaljes angetan - Verballhornte Aussprache von Versailles. Vgl. den mehrfach als Quelle benutzten Artikel »Die große Mission« in DER SPIEGEL vom 19.4.1971, S. 60: s.K. 859, 1-4. Die Quelle des Zitats konnte nicht nachgewiesen werden. Ähnliche Sprüche waren verbreitet, so wurde in Thüringen noch 1932 täglich vor Schulbeginn gebetet: »Der Versailler Vertrag behauptet, Deutschland sei am Kriege schuld. Diese Lüge ist die Wurzel unserer Not«; s.K. 496, 19f.

896, 7 alte deutsche Schrift - Ludwig Sütterlin (23.7.1865-20.11.1917) hatte sowohl für die dt. wie die lat. Schrift eine vereinfachte Schreibschrift entworfen, die beide ab 1915 an preußischen Schulen gelehrt und 1934 in allen dt. Schulen amtlich eingeführt wurden. Nach einem Erlaß des Reichserziehungsministers vom September 1941 wurde nur noch die »Normalschrift«, eine vereinfachte Version der Sütterlin-Schreibschrift für lat. Buchstaben, unterrichtet.

896, 33 Olsching Lafrantz - Der Name ist vermutlich von Laurentius abgeleitet. Olsching von (nd.) olsch: alt.

897, 16-19 Da fiel ihr ... um die Augen - Vermutlich Anspielung auf die Beschreibung von Pribislav Hippe und Verarbeitung eines Motivs aus Thomas Manns »Der Zauberberg«: »Aber seine Augen, blaugrau oder graublau von Farbe - es war eine etwas unbestimmte und mehrdeutige Farbe, die Farbe etwa eines fernen Gebirges -, zeigten einen eigentümlichen, schmalen und genaugenommen sogar etwas schiefen Schnitt, und gleich darunter saßen die Backenknochen, vortretend und stark ausgeprägt, - eine Gesichtsbildung, die in seinem Falle durchaus nicht entstellend, sondern sogar recht ansprechend wirkte, die aber genügt hatte, ihm bei seinen Kameraden den Spitznamen ›der Kirgise‹ einzutragen.«, Mann (1974), Bd. III, S. 170.
Auch Mme. Chauchat, durch die sich Hans Castorp wiederum an Hippe erinnert fühlt, wird so beschrieben: »Zufällig blickte er ins Nebenzimmer bei diesen Worten und sah dort Frau Chauchat von vorn, ihre schmalen Augen und breiten Backenknochen« (ebd., S. 124). Die Augen von Mme. Chauchat bilden ein Leitmotiv und werden auch mehrmals als »Pribislav-Augen« (ebd., S. 247, 296, 326) bezeichnet.

897, 16f. Gabriel Manfras - Zu dessen Entwicklung vgl. IB, S. 69-72.

898, 34f. »fremdstämmige Beutedeutsche« - Volksdeutsche hießen jene Deutsche, die oder deren Vorfahren in früherer Zeit ausgewandert, jetzt im Ausland fest ansässig waren und die Staatsangehörigkeit ihrer neuen Heimat besaßen. Beutegermanen nannte man sie spöttisch, wenn sie im Zuge der Eroberungen Aufnahme als Reichsangehörige fanden; s. 919, 19f.; 920, 11f.; 1609, 37f.

900, 3 ins Rauhe Haus in Hamburg - 1833 von J.H. Wichern in Hamburg gegr. kirchliche Anstalt zur Betreuung gefährdeter männlicher Jugendlicher.

900, 5 aller - (frz.) gehen.

900, 5f. ein Fürst im Reiche - Vermutlich Anspielung auf die Bezeichnung für den Teufel in Joh 12, 31: »Jetzt geht das Gericht über die Welt; nun wird der Fürst dieser Welt ausgestoßen werden.« Der Ausdruck wurde durch die 3. Strophe von Martin Luthers »Ein feste Burg ist unser Gott« bekannt; s. 915, 33; 1007, 8.

900, 7 artig geschworen - Wortspiel mit »arisch«, s. 892, 34.