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30. Juni 1968 |
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1456, 6-34 |
Der Oberst Emil ... auch: Emil Zátopek - Als Ende September 1968 vor der
Londoner sowj. Botschaft gegen eine drohende Verhaftung von Emil Zátopek
demonstriert wurde, schrieb DER SPIEGEL vom 23.9.1968, S. 80f.: »Agenten
des sowjetischen Geheimdienstes KGB fahndeten nach Oberst Zatopek
in seiner Wohnung U pujčavny 8, in seinem Büro im Armee-Ministerium
und bei seinem Sportklub Dukla - vergebens. [...]
Früher hatte das SED-Pflichtblatt Neues Deutschland den Tschechen als
Vorbild der jungen Generation gepriesen. Denn Zatopek galt als Modellfall
einer Muster-Karriere im Ostblock. Der Tischlersproß arbeitete in der
Schuhfabrik Bata in Zlin. [...] Die üblichen Trainingsmethoden änderte er
radikal. Statt fünf oder zehn Kilometer im Dauerlauf zu traben, spurtete er bis
zu 60mal 400 Meter in kurzen Pausen, zeitweilig sogar in Militärstiefeln.
Bei den Olympischen Spielen 1948 in London erkämpfte er auf den Langstrecken
eine Gold- und eine Silbermedaille. [...]
Sowjetische Sportlehrer flogen nach Prag, um Zatopeks Training auszuspähen.
Dann holten sie ihn sogar in das Schulungslager ihrer Langstreckenläufer
auf die Krim. [...]
Ihr ČSSR-Muster selbst stampfte mit verzerrtem Gesicht, heraushängender
Zunge und linksgeknicktem Oberkörper fauchend wie eine Dampflokomotive
von Sieg zu Sieg. Zu Ehren der Oktober-Revolution verpflichtete sich
Zatopek, zwei Weltrekorde zu brechen. Er übererfüllte sein Sport-Soll, stellte
insgesamt 19 [sic] Weltrekorde auf und siegte 1952 auf allen drei olympischen
Langstrecken (5000, 10000 Meter, Marathon). [...] 1958 beendete er seine
Laufbahn und leitete seither im Range eines Obersten den Militärsport in der
ČSSR. [...] Zatopeks Popularität überdauerte seine Karriere. [...] Die Tschechoslowaken
wählten ihn noch 1966 zum Sportler des Jahres.«
Zátopek hatte sich schon, ehe er die »2000 Worte« unterschrieb, für die Reformbewegung
engagiert, er hatte für die illegale Zeitschrift »Stadion« geschrieben
und Flugblätter verteilt.
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1456, 6 |
Emil Zátopek - Geb. 19.6.1922; tschech. Langstreckenläufer; stellte 18 (im
Text 19) Weltrekorde auf, gewann bei den Olympischen Spielen 1948 vier
Goldmedaillen. Zátopek hatte den Brief »2000 Worte« mit unterschrieben;
vgl. NYT 29.6.1968; DER SPIEGEL 8.7.1968, S. 75.
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1456, 11f |
Emil Zátopek, der ... Land gewünscht hat - s. K. 1438,7 - 1446, 2.
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1456, 11-20 |
Emil Zátopek, der ... der ganzen Č.S.S.Republik - Unter der Überschrift »Papers
in Prague Defend Purge Bid« heißt es in der NYT vom 30.6.1968: »In
defending the appeal for mass action, an editorial of the newspaper Zemedelske
Noviny said not a single voice was raised in opposition to what the
Communist party was striving for.
Emil Zatopek, the long-distance runner, who was one of the originators of
the appeal, said it had nothing at all in common with anti-Communist propaganda.
I see nothing counterrevolutionary in it, Mr. Zatopek said. All those who
signed the statement are concerned with the fast construction of democratic
socialism and human freedom.
Miroslav Jelinek, editor of the Communist youth paper, Mlada Fronta, said: I
am afraid that this is another tragic misunderstanding caused by an entirely
different form of a political document than we were used to in the past.
I understand the 2,000 words as a support of the new leadership [...]«
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1456, 14f. |
Konterrevolutionäres - Formelhafte Bezeichnung für die politischen Gegner
der Kommunisten. Im Unterschied zu den Revisionisten (s.K. 1365, 36) galten
Konterrevolutionäre als Angehörige »reaktionärer Klassen«; s. 1522, 23;
1524, 1; 1528, 20; 1579, 36; 1657, 28f.; 1738, 4f.; 1795, 27.
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1456, 18 |
Zemědělské Noviny - (tschech.) übersetzt im Text; s.K. 1446, 16-18.
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1456, 19 |
Mladá Fronta - (tschech.) Junge Front; s.K. 1446, 16-18.
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1456, 25 |
Überflüssigen Spielen 1952 zu Helsinki - Bedeutung ungeklärt.
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1457, 2 |
gneezer Hotel Sonne - Das Güstrower Hotel Sonne lag an der Baustraße 1.
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1457, 27 |
Sudetendeutschen - s.K. 663, 1f.
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1457, 32 |
Rasno-Export - s.K. 1377, 34-37.
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1457, 34 |
Bleyle-Anzug - s.K. 1145, 4.
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1457, 37 |
Nachtwächterstaat - s.K. 1357, 14f.
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1457, 38f. |
künftigen Anschluß an ein skandinavisches Land - s. 1034, 26.
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1458, 1f. |
der störende Zusatz »-Vorpommern« - Vorpommern ist der westlich der Oder
gelegene Teil der preußischen Provinz Pommern. 1945 wurde Hinterpommern
unter poln. Verwaltung gestellt und seine dt. Bevölkerung ausgewiesen,
während Vorpommern als Teil des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur
sowj. Besatzungszone kam.
Der Plan einer separaten Abteilung der Landesverwaltung in Greifswald
wurde fallengelassen und die amtliche Verwaltungsbezeichnung durch
Bekanntmachung am 1.3.1947 in »Land Mecklenburg« geändert; vgl. Hamann
(1962), S. 188.
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1458, 5f. |
Im Artikel I. 1 Absatz 3 ... Blau/Gelb/Rot - Artikel I 1. Abs. 3 der Verfassung
für das Land Mecklenburg von 1946: »Die Landesfarben sind blau-gelb-rot«;
s.K. 1547, 38.
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1458, 20 |
Vergesseneit - Druckfehler in allen Ausgaben, richtig: Vergessenheit.
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1458, 23 |
moskauer Außenministerkonferenz - Auf der Außenministerkonferenz der
UdSSR, der USA, Großbritanniens und Frankreichs in Moskau vom
10.3.-24.4.1947 (wie auch auf der folgenden vom 25.11.-15.12.1947 in
London) ging es um die Bildung einer dt. Zentralinstanz, wobei Marshall und
Bevin einen Bundesstaat wünschten, Frankreich für einen Staatenbund und
Molotow für einen zentralistischen Staat stimmte.
Die USA und Großbritannien erkannten die Oder-Neiße-Linie nicht an. Die
UdSSR stellte Reparationsforderungen von 10 Mrd. Dollar. Eine Einigung
konnte nicht erzielt werden. Der negative Ausgang der Moskauer Konferenz
war Anlaß für Marshalls Forderung nach sofortigen Hilfsmaßnahmen zum
wirtschaftlichen Aufbau Europas und führte zu einer Änderung der amerik.
Deutschlandpolitik. Andererseits berücksichtigte nun die SED die Zusagen an
die Sozialdemokraten nicht mehr und wandelte sich zu einer »Partei neuen
Typus«; s.K. 1394, 31-36.
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1458, 26-28 |
Ausspruch des dienstältesten ... der Grenzen ablehnen - Wilhelm Pieck
(3.1.1876-7.9.1960), Tischler, 1895 Mitglied der SPD, seit 1906 hauptamtlicher
Parteifunktionär, Mitglied der Spartakusgruppe, Mitbegründer der KPD, für
die KPD im Preußischen Landtag 1921-33, Mitglied des Reichstags 1928-33,
emigrierte 1933 nach Frankreich, dann in die Sowjetunion, nach der Verhaftung
Ernst Thälmanns 1933 Vorsitzender der KPD, unterschrieb 1945 als erster
den Gründungsaufruf der KPD, 1946-56 mit Otto Grotewohl Vorsitzender
der SED, 1949-60 erster Präsident der DDR.
Zur Frage der Einstellung der SED zu den Ost-West-Grenzen dementierte
Pieck auf einer Münchener Pressekonferenz am 13.3.1947 die »angebliche«
Äußerung Anton Ackermanns (s.K. 1374, 26), der am 2.3.1947 in Berlin-Neukölln
erklärt hatte, Deutschland könne ohne die Gebiete ostwärts der
Oder leben. Pieck fügte die Oder-Neiße-Grenze betreffend hinzu, »wenn sie
aber Deutschland auferlegt werde, so liege das nicht an der SED, sondern an
den Machtverhältnissen und den Machtansprüchen der Alliierten«; vgl. SBZ
(1956), S. 52. Am 6.6.1950 unterzeichnete die DDR in Warschau eine Erklärung,
in der die Oder-Neiße-Grenze als unantastbar bezeichnet wurde;
s.K. 1413, 35-39.
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1458, 35f. |
Kulturbundes (z.d.E.D.) - Kulturbund zur demokratischen Erneuerung
Deutschlands; s.K. 1251, 34.
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1458, 37 |
Friedrich Hölderlin - Johann Christian Friedrich Hölderlin (20.3.1770-7.6.1843),
dt. Dichter.
Hölderlin verkündete in seiner Dichtung ein neues, besseres Zeitalter, dessen
Vorbild er in Griechenland sah. Die Nationalsozialisten mißbrauchten diese
Vision zu Propagandazwecken.
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1458, 39 |
fünf Bände Lisch - s.K. 1431, 33.
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1458, 39 |
das Jahrbuch - s.K. 1176, 18f.
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1459, 2f. |
vor dem unerklärlichen ... vom Sommer 1659 - s.K. 1435, 30-37.
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1459, 4f. |
Ernst Barlach - s.K. 712, 29.
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1459, 5 |
genierliches Wappentier - s.K. 1431, 33f.
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1459, 10 |
dernier cri - (frz.) letzter Schrei, modern.
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1459, 14 |
Alt Demwies - s.K. 1125, 11.
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1459, 20 |
Wilhelm Gustloff-Straße - s.K. 496, 31f.
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1459, 21 |
Joachim de Catt - vgl. SV; BU; s. 1459, 32; 1548, 35; 1670, 22f.; 1775, 29.
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1459, 22 |
Nu vot - (russ. ugs.) Nun ja; siehste.
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1459, 24 |
Počemu njet? Možno. Imejem vozmožuostj - (russ.) Warum nicht? Es geht. Wir haben die Möglichkeit.
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1459, 24-29 |
Zwar hatte »unser ... ärgerlich gewesen war - Die Umstände erinnern an das
Verhältnis der Lübecker zu Thomas Mann, dem sie die Darstellung etlicher
Mitbürger in den »Buddenbrooks« nachtrugen. Er besuchte Lübeck erst 1953 und 1955 wieder, wenige Monate vor seinem Tod, zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde; vgl. Neumann U. (2006), S. 46f.
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1460, 4f. |
Im Hungerwinter 1946 - Die ungewöhnliche Kälte des Winters 1946/47 vergrößerte
die Versorgungsschwierigkeiten in der SBZ.
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1460, 5-7 |
Wenn Herrn Dr. Kliefoth ... mal sein Pech - s.K. 1178, 3-5.
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1460, 9 |
zwei Chroniken - Von Güstrow erschien 1706 eine Chronik von Friedrich
Thomas, Subrektor des Gymnasiums, in lat. Sprache, eine weitere schrieb
1824 Johann Friedrich Besser.
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1460, 13f. |
Låt em. Murrjahn ... sick doch gewn - (nd.) Laß ihn. Murrjahn war ein böser
Hund, aber zuletzt mußte er sich doch fügen. Anspielung auf einen Spruch
aus John Brinckmans »Schaulmeister Bors«, in: Brinckman (1903), Bd. 1,
S. 66:
Man nich so ängstlich, dreig di ründ,
Dat geit di nich an’t Läben;
Szü, Murjan wir’n steinol’n Hund
Un mößt sich doch noch gäwen.
Vgl. Scheuermann (1998), S. 310f.; s. 1626, 6f.; 1634, 17; Brinckman: s.K. 490, 7f.
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1460, 27f. |
Sprichwort von den ... Einer angefaßt hat - Anspielung auf das Sprichwort: Wer
mit dem Teufel geht/spielt, kriegt schwarze Finger.
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1460, 35 |
comme il faut - (frz.) wie es sich gehört; s. 1617, 33f.
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1461, 26-28 |
wenn Ein’n so’n ... so schlecht angemessen - (nd. ugs.) wenn man ein bißchen
genauer drüber nachdenkt, ist es vielleicht gar nicht so unpassend.
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1461, 39 |
Dänschenhagen - s.K. 1432, 14.
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1462, 6 |
Kinnings - (nd.) Kinder; s. 1278, 24.
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1462, 17- 1463, 1 |
Den Unterricht erteilte ... einer anderen tanzen - Zitate aus und Anspielungen
auf Thomas Manns »Tonio Kröger«, Anfang des 2. Kapitels: »François Knaak
war sein Name, und was für ein Mann war das! [...] Wie wunderbar der seidig
schwarze Gehrock sich an seine fetten Hüften schmiegte! [...] und seine
braunen Augen blickten mit einem müden Glück über ihre eigene Schönheit
umher ...
Jedermann ward erdrückt durch das Übermaß seiner Sicherheit und Wohlanständigkeit.
[...]
Man stand nicht da, indem man die Hände auf dem Bauch faltete und die
Zunge in den Mundwinkel schob; tat man es dennoch, so hatte Herr Knaak
eine Art, es ebenso zu machen, daß man für den Rest seines Lebens einen
Ekel vor dieser Haltung bewahrte ...
[...] in der anstoßenden Stube, saßen auf Plüschstühlen die Mütter und Tanten
und betrachteten durch ihre Lorgnetten Herrn Knaak, wie er, in gebückter
Haltung, den Saum seines Gehrockes mit je zwei Fingern erfaßt hielt
und mit federnden Beinen die einzelnen Teile der Mazurka demonstrierte.
[...]
Was für ein unbegreiflicher Affe, dachte Tonio Kröger in seinem Sinn. Aber
er sah wohl, daß Inge Holm, die lustige Inge, oft mit einem selbstvergessenen
Lächeln Herrn Knaaks Bewegungen verfolgte«, Mann (1974), Bd. VIII, S. 216.
Vgl. auch »Wie Jappe und Do Escobar sich prügelten«, in ebd., S. 435f.; Neumann,
U. (1992), S. 448f.
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