12. Februar 1968
710, 9-32 Eine Nacht im ... (Lübecker General-Anzeiger.) - Die Angaben zu den Filmen sind dem LGA vom 30.10.1938 entnommen; Lübecker General-Anzeiger: s.K. 70, 25f.

710, 9 Eine Nacht im ... mit Marika Rökk - Dt. Film, Uraufführung 14.9.1938; Regie: Georg Jacoby; musikalische Komödie mit Albert Florath, Viktor Staal und Marika Rökk, eigentlich Ilona Rökk (3.11.1913-16.5.2004), verheiratet mit Georg Jacoby, Tänzerin, Schauspielerin und Sängerin ung. Herkunft, die ihre Karriere in der Bundesrepublik fortsetzen konnte. Nach Forschungen Arkadij Waxbergs soll sie dem KGB Informationen über die Nazis geliefert haben; vgl. The Times 11.7.2003.

710, 10 Der Tag nach ... und Hans Söhnker - Dt. Film, Uraufführung 2.9.1938; Regie: Paul Verhoeven; mit Johannes Riemann, Luise Ullrich (31.10.1910-21.1.1985), Hans Söhnker (11.10.1903-20.4.1981); Filmlustspiel.

710, 12 Geheimzeichen L-B-17, mit Willy Birgel - Dt. Film, Uraufführung 9.8.1938; Regie: Viktor Tourjansky; mit Wilhelm Maria (»Willy«) Birgel (19.9.1891-29.12.1973), Hilde Weissner, Bernhard Minetti, René Deltgen; Agentenkolportage: Entlarvung von Umstürzlern und Verrätern in hohen Stellungen.

710, 13 Fracht von Baltimore, mit Hilde Weißner - Dt. Film, Uraufführung 14.10.1938; Regie: Hans Hinrich; mit Hilde Weissner, eigentlich Hildegard Weissbrodt, geb. 1909, die 1939-45 in 26 Filmen mitspielte; Attila Hörbiger, Paul Westermeier; Abenteuer- und Liebesfilm.
Baltimore: eine der bedeutendsten Hafenstädte der USA im Norden Marylands an der Chesapeake Bay, ca. 60 km nordöstlich von Washington; 1729 gegr. auf einem Gelände des Lord Baltimore.

710, 14 Premiere, mit Zarah Leander - Österr. Film, Uraufführung 25.2.1937; Regie: Géza von Bolváry; mit Attila Hörbiger, Theo Lingen; Ausstattungsrevue, erster deutschsprachiger Film Zarah Leanders.
Zarah Leander (15.3.1907-23.6.1981), schwed. Schauspielerin und Sängerin, die in den dreißiger Jahren bei der UFA vor allem mit tragischen Rollen sehr erfolgreich war. Sie floh 1943 nach Schweden, wobei die Bombardements auf Berlin ebenso wie Görings Nachstellungen eine Rolle gespielt haben sollen. Nach Forschungen Arkadij Waxbergs soll sie schon vor dem Krieg vom NKWD rekrutiert worden sein und unter dem Decknamen Rose-Marie als Kurier für den sowjet. Geheimdienst gearbeitet haben; vgl. Boyes (2003): s.K. 1585, 13f.

710, 15 Rote Orchideen, mit Olga Tschechova - Dt. Film, Uraufführung 8.9.1938; Regie: Nunzio Malasomma/Walter Janssen; mit Olga Tschechowa, Albrecht Schoenhals, Camilla Ursula Herking, Paul Westermeier; Agenten-, Abenteuer- und Liebesfilm.
Horn, Olga Tschechowa: Eigentlich Olga von Knipper (26. 4. 1897–9. 3. 1980), studierte Bildhauerei und Schauspiel. Nach Forschungen Arkadij Waxbergs soll sie dem NKWD Informationen geliefert haben, anderererseits wird behauptet, dies beruhe auf einer Verwechslung mit einer gleichnamigen Tante; vgl. The Times 11.7.2003.

710, 16 Zwischen Haß und ... mit Barbara Stanwyck - Dt. Titel des amerik. Films »His Brother’s Wife«; Metro Goldwyn Mayer 1936; Regie: W.S. Van Dyke; Drehbuch: Leon Gordon und John Meehan, nach einer Geschichte von George Auerbach; mit Robert Taylor, Barbara Stanwyck, eigentlich Barbara Ruby Stevens (16.7.1907-20.1.1990); Dreiecksgeschichte, in der sich ein Mannequin in einen Wissenschaftler verliebt, zunächst aber dessen Bruder heiratet und, nachdem sie sich einen Fiebervirus selbst injiziert hat, von dem Wissenschaftler vor dem Tod gerettet wird.

710, 19-32 »Rote Orchideen sind ... wie immer apart.« - Zitat aus der Besprechung von »Rote Orchideen« im LGA vom 30.10.1938, S. 29; vgl. Mecklenburg (1990b), S. 382.

710, 30 Camilla Horn - 25.4.1903-14.8.1996, dt. Schauspielerin; wurde als Gretchen in F.W. Murnaus Verfilmung des »Faust« (1925) bekannt; 1927-29 in Hollywood; 1930-41 in einer Vielzahl von Filmen in Deutschland. 1941-43 Filme in Italien, nachdem sie bei den Nazis in Ungnade gefallen war. Spielte in der Nachkriegszeit noch in einigen Filmen, ohne an alte Erfolge anknüpfen zu können.

710, 31f. Ursula Herking - 28.1.1912-17.11.1974, dt. Schauspielerin, die ab 1934 vorwiegend Kabarett spielte.

710, 33 Nebel in London - Der LGA vom 27.10.1938 berichtete vom ersten Nebel des Herbstes am 26.10. und den in der Folge aufgetretenen Schiffs- und Zugverspätungen.

711, 26 Hankau - Stadt an der Mündung des Hankiang in den Jangtsekiang, zu Wuhan gehörig. Japan hatte dort 1937 mit einem Überfall den Japanisch-Chinesischen Krieg begonnen.

712, 1-5 die Juden aus ... ihnen auch genommen - Nach §1 der »Fünften Verordnung zum Reichsbürgergesetz« vom 27.9.1938 (RGBl. I, S. 1403, 1439) war Juden der Beruf des Rechtsanwalts verschlossen. Jüd. Rechtsanwälte schieden im alten Reichsgebiet zum 30.11.1938 aus der Rechtsanwaltschaft aus. Nach §8 konnte die Justizverwaltung zur rechtlichen Beratung und Vertretung von Juden »jüdische Konsulenten« zulassen.
Nach Artikel I Abs. 1 der »Verordnung über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen« vom 22.4.1933 (RGBl. I, S. 222) durften Juden keine Kassenärzte mehr sein. Nach §1 der »Vierten Verordnung zum Reichsbürgergesetz« vom 25.7.1938 (RGBl. I, S. 969) erloschen die Bestallungen (Approbationen) jüd. Ärzte am 30.9.1938. Nach §2 konnte die Ausübung des Ärzteberufes widerruflich und unter Auflagen gestattet werden. Nach §3 war es Juden verboten, die Heilkunde auszuüben. Juden, denen eine Genehmigung nach §2 erteilt war, durften - abgesehen von ihrer Frau und ihren ehelichen Kindern - nur Juden behandeln; s.K. 350, 6-8; vgl. LGA 28.10.1938 (unter der Überschrift »Keine jüdischen Rechtsanwälte mehr«), S. 6; vgl. Mecklenburg (1990b), S. 385f.

712, 12 Pumpenleder - Synonym zu »Pumpenzug«: kleine Scheibe aus Leder, die zu einer Wasserpumpe gehört; vgl. »Ein verkannter Humorist«. Gespräch mit A. Leslie Willson, in: Fahlke (1988a), S. 295f.

712, 15f. Nicht nur glänzen ... bleiben länger schön - Direkt unter dem Artikel über das Ausscheiden jüd. Rechtsanwälte findet sich im LGA vom 28.10.1938 die Reklame: »Nicht nur glänzen, leben müssen die Schuhe [...]. Mit Erdal halten Schuhe länger und bleiben länger schön.«

712, 23 dor kümmt ein - (nd.) da kommt einer.

712, 24 Klattenpüker - (nd.) Klettenpussler; s.K. 532, 30.

712, 29 Am 27. Oktober starb Ernst Barlach - Ernst Barlach (2.1.1870-24.10.1938, nicht am 27.10., an diesem Tag erschien der Nachruf im LGA); dt. Bildhauer, Graphiker und Dichter. Barlach lebte von 1909 bis zu seinem Tod in Güstrow, obwohl seine Mitbürger ihn als Künstler nicht anerkannten und an seinem Privatleben Anstoß nahmen. Barlach füllte seine Skizzenbücher mit Figuren der Güstrower und hielt ihre Gespräche in seinem »Güstrower Tagebuch« fest. Er lehrte in der Zeit an der Preußischen Akademie in Berlin (mit einem Atelier in Berlin-Friedenau) und als Professor in Dresden. Nach Diffamierungen wegen seiner kritischen Gefallenen-Denkmäler zog er sich 1926 ganz nach Güstrow zurück, seit 1931 arbeitete er in dem Atelierhaus am Heidberg und wohnte im Nebenhaus. Nach Postzensur und Besuchsverbot wurde ihm der Austritt aus der Akademie nahegelegt, 1937 gehörten seine Werke zur »entarteten Kunst«. Uwe Johnson schrieb 1956 seine Diplomarbeit bei Hans Mayer über Barlachs Romanfragment »Der gestohlene Mond«, in dem der Held sich mitschuldig macht, weil er sich gegen Untaten nicht deutlich genug abgrenzt. Ein Exemplar von Barlachs »Schlafendes Bauernpaar« in Böttgerstein befand sich in Johnsons Besitz (Original im Rostocker Museum). Ein Foto der Plastik mit falscher Bildunterschrift in Unseld (1991), S. 69; s.K. 712, 34f.; 712, 36-713, 2; 1558, 4f.; 1820, 21f.; 1820, 22f.; 1820, 23; 1820, 23f.; 1820, 27; 1820, 31; 1821, 5-20; 1821, 12f.

712, 33f. Alfred Rosenberg - 12.1.1893-16.10.1946, hingerichtet, Architekt, nationalsoz. Politiker; 1923 und 1925-38 Chefredakteur, 1938-45 Hg. des »Völkischen Beobachters« (s.K. 518, 34f.); seit 1934 »Beauftragter des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP«. Sein Buch »Der Mythus des 20. Jahrhunderts«, 1930, lieferte dem Nationalsozialismus eine scheinwissenschaftliche Begründung seiner völkischen und antichristlichen Weltanschauung. In einer machtpolitisch begründeten Auseinandersetzung mit Goebbels um die Richtung der Kunstpolitik denunzierte er Barlach massiv.

712, 34f. die Figuren Barlachs ... ihre Katharinenkirche getan - 1930 hatte die Lübecker Kirche Barlach einen Auftrag für neun (sechzehn nach ersten Plänen) überlebensgroße Figuren in Klinker für das Sockelgeschoß der Westfassade der Katharinenkirche erteilt. Drei aus »Die Gemeinschaft der Heiligen« waren 1930-32 fertiggestellt (Der Bettler, Singender Klosterschüler, Frau im Wind); die Aufstellung der Figuren wurde von Kulturfunktionären verhindert und erfolgte erst 1947 in den drei linken Nischen. Der geplante Zyklus wurde 1949 mit sechs weiteren Figuren von Gerhard Marcks vollendet; s.K. 712, 29. Katharinenkirche: gotische Basilika von 1300-60, ehemals zum Franziskanerkloster zugehörig, seit der Reformation profan genutzt. Gottesdienste 1942 nach dem Luftangriff auf Lübeck wieder aufgenommen, später als Museum genutzt.

712, 36-
713, 2
Der Lübecker General-Anzeiger ... mit Gott gerungen - Der LGA vom 27.10.1938 zitiert auf S. 6 das »Berliner Tageblatt« (Datum nicht angegeben): »Im Alter von 68 Jahren ist nach längerer Krankheit der Dichter und Bildhauer Ernst Barlach in einem Rostocker Krankenhaus gestorben. Mit ihm ging, so schreibt das ›Berliner Tageblatt‹, eine der umstrittenen Gestalten des künstlerischen Lebens der jüngsten Vergangenheit dahin, ein Mann, der als Dichter wie als Plastiker umkämpft war wie wenige seiner Zeitgenossen. Der Bildhauer Barlach gehörte in die Generation des Jugendstils, dessen Spuren man bis zuletzt in seinem Werk begegnete, obwohl er immer wieder den Weg aus dem Dekorativen ins Metaphorische suchte. Der Dichter Barlach schlug sich ebenso mit den Mächten selber statt mit ihren Sinnbildern herum, rang mehr um als mit Gott und suchte in heißem Bemühen die Form, über die die Krisen seines persönlichen Lebens auch zu andern sprechen konnten. Er war für seine Zeit ein Problem und ist es bis zu seinem Tode dem neuen Geschlecht, das andere Wege ging als er, geblieben«; vgl. Mecklenburg (1990b), S. 384; Berliner Tageblatt: s.K. 102, 26.

713, 7f. Wenn du in ... Büntzel kenn ick - (nd.)
    Wenn du in Güstrow warst, hast du ihn gesehen?
    Nein, Lisbeth. Büntzel kenne ich.

713, 8-13 Friedrich Büntzel, Lisbeth ... auf Tischlermeister Büntzel - Nach Aussage von Friedrich-Ernst Schult (s.K. 445, 3-9) gab es in Güstrow einen Tischler Büntzel, mit dem Barlach in Verbindung stand, wohl auch im Sinne dieser Episode.

713, 16f. eine schlimme Zeit ... Erde leicht ist - Anspielung auf den Schluß von Gottfried Benns Gedicht »Was schlimm ist«, 6. Strophe:
    Am schlimmsten:
    nicht im Sommer sterben,
    wenn alles hell ist
    und die Erde für Spaten leicht.
Vgl. auch das Zitat aus Gottfried Benns Gedicht »Eure Etüden« (s.K. 1828, 16); vgl. HNJ, S. 97: »Sie hatte vom Oktober gesprochen als einer schlechten Zeit zum Sterben«; s. 762, 38.