29. Oktober 1967
235, 15-25 Gestern, gegen Mittag ... lange nicht klar - Vgl. den Artikel »Antiwar Dramas Staged In Streets« der NYT vom 29.10.1967: »In many areas off the city yesterday bystanders were handed guns, confronted with an alleged member of the Vietcong and instructed to ›shoot‹ him. [...]
Gritli Kux, a 20-year-old German dancer who has been in the city for only three weeks, was walking on East 53d Street toward Fifth Avenue at noon with her sister when she was suddenly given a red plastic water pistol, thrust into a circle of actors and told to shoot a young boy who was supposed to be a member of the Vietcong.
She winced, glanced about quickly, looked bewildered and thrust her pistol out straight at the boy and squeezed the trigger. The boy fell back and sprawled on the pavement [...]. The actors mingled with the onlookers and disappeared. Miss Kux said she did not know what was happening.
›Of course, I was surprised,‹ she gasped. She reflected ›that everything which is shown against war, to remember, is always good.‹«

236, 16 Tag der Reichsgründung - s.K. 171, 26.

236, 16 Kaisers Geburtstag - s.K. 70, 35.

236, 16f. Schlacht bei Tannenberg - Im 1. Weltkrieg wurde bei Tannenberg in Ostpreußen vom 23. bis 31.8.1914 die zahlenmäßig überlegene Narew-Armee unter Samsonow von der 8. dt. Armee unter Hindenburg und Ludendorff eingeschlossen und vernichtet; als eine der wenigen siegreichen Vernichtungsschlachten des Krieges wurde sie besonders gefeiert. (Bei Tannenberg hatte am 15.7.1410 ein poln.-litauisches Heer den Deutschen Orden besiegt.); s.K. 245, 11.

236, 20f. »Trägheit des Herzens« - Begriff der Moraltheologie: akedeia: Gleichgültigkeit, Trägheit aus Überdruß am religiösen Leben, als eine Lähmung des Willens zum Guten (zugleich als Ausdruck tiefer Hoffnungslosigkeit), die schließlich zu vollkommener Passivität führt. In der moraltheologischen Tradition gilt sie als Wurzel- oder Hauptsünde, aus der andere Fehlhaltungen hervorgehen. Auch Untertitel des Romans »Caspar Hauser«, 1908, von Jakob Wassermann (10.3.1873-1.1.1934).

236, 29f »Schildschaft« - Begriff aus der völkischen Bewegung für kleine Gruppen, in denen Jugendliche gleichen Alters u.a. zu gegenseitiger Hilfe und Unterstützung erzogen werden sollten.

236, 31 »Grip tau - Holl wiss« - (nd.) Greif zu - Halt fest.

237, 5 Freifrau von Plessen - s.K. 164, 24.

237, 15-27 Er begann mit … Bankwangen zu hängen – Der Klützer Pastor Timm bittet im »Gemeindeblatt für die Kirchgemeinde Klütz«, Nr. 19/1932 »die männlichen Kirchenbesucher«, »ihre Kopfbedeckungen im Gotteshause neben sich auf die Bank zu legen und nicht oben an die Bankwangen oder Verzierungen zu hängen«; vgl. Paasch-Beeck (2011), S. 96; s.K. 239, 7-10.

237, 19-22 er hatte sich … Deutscher deutsch sei - Im »Gemeindeblatt der Kirchgemeinde Klütz«, Nr. 21/1932 schreibt Pastor Timm: »Alle Gemeindemitglieder werden hierdurch gebeten, bei Neuanfertigung von Grabdenkmälern beim Steinmetzen darauf hinzuwirken, daß nur die in ihrer gotischen Form weit schönere und würdigere deutsche Schrift anstelle der kahlen und eintönigen Lateinschrift Verwendung finden möge. Deutscher sei deutsch!«; vgl. Paasch-Beeck (2011), S. 97; s.K 239, 7-10.

237, 20 Frakturbuchstaben (statt Antiqua) - s.K. 76, 10; 76, 10f.

237, 34 Salbaderei - (Frömmelnde) Schwätzerei.

238, 4-8 Und einmal hatten ... dem Auftrag feierte - Vgl. Mecklenburg (1997), S. 117f.; Paasch-Beeck (2003), S. 349f.; s. 105, 6-14; 113, 38-114, 6.

238, 5 Reformationsfest - s.K. 105, 8f.

238, 22-32 sprach von der ... sei nicht christlich – Pastor Karl Timm schreibt im »Gemeindeblatt für die Kirchgemeinde Klütz«, Nr. 22 vom »Christmond 1932«: »Jeder trägt Verantwortung gegenüber dem Volksganzen, und darum haben die völkischen Forderungen nach Schließung reinrassiger Ehen ihre wirtschaftliche Berechtigung, und man kann sie nicht eindrücklich genug unterstützen. [...] Wir wissen als Christen, daß der Leib und das Blut nicht das Höchste und Letzte sind, wir wissen, daß Rasse eine irdische Schranke ist, die einst in der Ewigkeit aufhören wird. [...] Selbstverständlich haben wir einen in Deutschland lebenden Juden zu achten und nicht zu verachten, wir haben ihn als Christen sogar so zu achten und zu lieben, daß wir an ihm Mission treiben, um ihn zu Christus zu bringen […] Aber der Jude bleibt ein Jude und ist ein Fremdkörper in unserm Volk dem Blut nach, und es ist unchristlich, wenn er als solcher in unserm Volk bestimmen und regieren will. Es ist unchristlich dies nicht zu sagen, es ist unchristlich, sich selbst aufzugeben und wegzuwerfen«; vgl. Paasch-Beeck (2011), S. 88-90. Vgl. auch Fontanes Brief an Philipp zu Eulenburg vom 21.11.1880 anläßlich einer Antisemitismus-Debatte im preußischen Abgeordnetenhaus: »Ich liebe die Juden, ziehe sie dem Wendo-Germanischen eigentlich vor - denn es ist bis dato mit letztrem nicht allzuviel - aber regiert will ich nicht von den Juden sein.« Fontane (1980), Bd. 3, S. 112. Thomas Mann zitiert diesen Satz gegen Ende von »Der alte Fontane«; vgl. Th. Mann (1974), Bd. IX, S. 31; s.K. 239, 7-10.

238, 38 Taunebaum - Druckfehler in allen Ausgaben, richtig: Tannebaum.

238, 39 Kurzen Straße - s.K. 31, 10.

239, 3f. Hotel Stadt Hamburg - s.K. 32, 5.

239, 7-10 Wilhelm Methling war … Turm der Petrikirche - Der Klützer Pastor Karl Timm gab ohne feste Reihenfolge ein »Gemeindeblatt für die Kirchgemeinde Klütz« heraus, das im Kopf einen Stich der Klützer Marienkirche zeigt; s.K. 112, 18-20; 237, 15-17; 237, 19-22; 238, 22-32; 239, 14-19; 806, 26-30; 806, 31f.; 807, 7-10.

239, 14-19 aber Methling saß … im Buch Lukas – Vgl. das »Gemeindeblatt für die Kirchgemeinde Klütz«, Nr. 16/1931, in dem Pastor Timm über »Bemerkenswerte Bäume in unserer Gemeinde« schreibt, so von »den Vogelbeerbäumen an der Christinenfelder Chaussee« wie auch über »Bäume bei unseren Vorfahren« und in Nr. 17/1932 über »Bäume im Volkslied«. In Nr. 22/1932 wird der Sprung zum Stammbaum vollzogen und ausführlich auf Staemmlers »2 Gesetzentwürfen« zur »Rassenscheidung« eingegangen und der ›Rassenforscher‹ zitiert: »Er sagt, ›es müssen durch Gesetz Ehen zwischen Deutschen und Juden verboten werden. Um dies aber tun zu können, ist das erste Erfordernis, daß festgestellt wird, wer Jude ist und wer als Deutscher gerechnet wird‹«. In Nr. 23/1933 schreibt Timm über das Eheverbot »zwischen Deutschen und Fremdrassigen« und über den »Wert der Stammbaumforschung«. Hier finden sich auch Ausführungen zum »Stammbaum Jesu« nach dem Matthäusevangelium und dem »Buch Lukas«; vgl. Paasch-Beeck (2011), S. 94f. und Paasch-Beeck (2012), S. 133-139; s.K. 239, 7-10.

239, 17f. Staemmlers Gesetzentwurf zur Rassenscheidung - Martin Staemmler (23.10.1890-6.7.1974), 1933 Prof. für Rassenhygiene in Leipzig, später in Kiel und Breslau; von seinem Buch »Rassenpflege im völkischen Staat«, 1933, gab es mehrere Nachdrucke. Staemmler sieht es nicht als wissenschaftliche Abhandlung, sondern als Anleitung zur Rassenpolitik. Er propagiert als Rassenpflege Fruchtbarkeit, mindestens vier Kinder pro Familie, argumentiert gegen »jüdische Vermischung« und macht Vorschläge zur Ausscheidung der Minderwertigen. Dem Staat komme die Aufgabe des Züchters zu, rassisch Minderwertige sollten nicht getötet, sondern unfruchtbar gemacht werden.

239, 18f. Vorfahrenforschung (siehe den ... im Buch Lukas - Den Evangelisten ging es darum, Jesus als den wahren Messias im Gegensatz zu anderen zeitgenössischen Prätendenten zu beweisen, deshalb mußten die Prophezeiungen des Alten Testaments auf ihn bezogen werden, nach denen der Messias aus dem Hause David kommen wird: Matthäus führt den Stammbaum bis auf Abraham, Lukas bis auf Adam zurück; vgl. Matth 1, 1-17; Luk 3, 23-39.

239, 31 Pastors, Brüshaver - Ein Martin Brüsehafer war in der ersten Hälfte des 20. Jh.s Kantor und Lehrer in Klütz. Er wird als musikalisch und mit scharfem Verstand beschrieben. Obwohl er nicht aus Klütz stammte, sammelte er Überlieferungen und Sagen und schrieb Zeitungsartikel über die Klützer; vgl. Meyer-Scharfenberg (1962), S. 166. Die eigentliche Einführung des Pfarrers folgt am Reformationstag, s. 244, 20-246, 10; vgl. Schmidt (2000), S. 201.

239, 37-
240, 4
Kirche des Heiligen ... des Unvollendeten Johannes - St. John the Divine, die Episkopalkirche von New York; größte Kirche in den USA; Amsterdam Ave. und West 112. Straße; Baubeginn 1892 nach romanischen Entwürfen, 1916 im neogotischen Stil weitergebaut; die 1941 durch den Krieg unterbrochenen Arbeiten wurden 1979 wieder aufgenommen. In einer »Poets’ Corner« finden sich u.a. Gedenksteine für T.S. Eliot, William Faulkner, Robert Frost und Walt Whitman; s. 573, 25.

239, 39 Amsterdam Avenue - s.K. 97, 2.

240, 4f. Horace W.B. Donegan - Horace William Baden Donegan (17.5.1900-11.11.1991), aus England 1910 in die USA gekommen, 1919 naturalisiert, Mitglied der episkopalischen Kirche, 1950-72 Bischof von New York. Donegan engagierte sich in sozialen Fragen und unterstützte die Wahlkampagne des kath. John F. Kennedy; s.K. 240, 4-6.

240, 4-6 Jetzt soll sie … Slums gelindert ist – Donegans Beteiligung an der Bürgerrechtsbewegung hatte schon 1965 einige Gemeindemitglieder bewogen, Spenden von zwei Millionen Dollar für die Fertigstellung der Kathedrale wieder zurückzuziehen. 1967 gab der Bischof bekannt, er werde einige der Spenden für diesen Kirchenbau stattdessen für Wohnungen und die Förderung Bedürftiger in Harlem verwenden und verteidigte seine Entscheidung: »This unfinished cathedral, towering as it does over this great and suffering metropolis, shall be the prophetic symbol that our society is still as rough-hewn, ragged, broken and incomplete as the building itself«; en.wikipedia.org/wiki/Horace_William_Baden-Donegan; s.K. 240, 4f..