30. November 1967
388, 29-31 Die nordvietnamesische Armee ... ihren Gunsten ausgegangen - Vgl. den Artikel »Hanoi Foresees Fierce Fighting« der NYT vom 30.11.1967: »The newspaper [die nordvietnamesische Armeezeitung] said that the recent battle of Dakto in the Central Highlands was one of the ›opening victories‹ of an offensive by the North Vietnamese.«

388, 29f. Schlacht um Dakto - s.K. 321, 29.

388, 32-
389, 8
Bisher machte die ... tut sie überdies - Vgl. den Artikel »Mafia Buys Clubs For Homosexuals« der NYT vom 30.11.1967: »The Mafia is selling off some of its concealed investments in bars catering for homosexuals and is reinvesting the money in private clubs that are immune from routine police inspection and State Liquor Authority control.
[...] plainclothes policemen who have got past the front door of a few private clubs to check on reports of illegal liquor sales have been ejected bodily when they failed to pass a recognition test. [...]
More than a year ago, however, the liquor authority ruled that it was no violation of the state liquor law for a bartender to serve a known homosexual. [...]
The competition has led some underworld operators to turn to the private clubs, where profits are greater and official supervision is almost impossible. [...]
They buy a ›straight bar‹ that is losing money, redecorate it and bring in a couple of tame homos to lure the others. When it starts making money they sell it. It’s a quick-buck operation.«

388, 36 Abweichler - (engl. wörtl. übersetzt) »male deviates and lesbians«; vgl. NYT 30.11.1967.

389, 9-18 er kam nach ... im Inland fördert - Teilweise Zitate aus §1 Nr. 4 des »Gesetzes zur Gewährleistung des Rechtsfriedens« vom 13.10.1933 (RGBl. I, S. 723). Cresspahls Besitz einer Londoner Druckschrift, die nach damaligem Verständnis nach §3 der »Verordnung des Reichspräsidenten zur Abwehr heimtückischer Angriffe gegen die Regierung der nationalen Erhebung« vom 21.3.1933 (RGBl. I, S. 135) eine strafbare Lügenmeldung dargestellt haben dürfte, wäre vermutlich eher nach §2 Nr. 3 des Gesetzes mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren geahndet worden, wenn ihm die absichtliche Verbreitung hätte nachgewiesen werden können.

389, 20-22 der londoner Gegenprozeß ... des Deutschen Reichstags - In der Nacht vom 27. zum 28.2.1933 brannte der Deutsche Reichstag ab. In einem Schauprozeß vor dem Reichsgericht in Leipzig lasteten die Nazis die Brandstiftung einer komm. Verschwörung an und nutzten dies zur Verhaftung aller politisch mißliebigen Personen und zu einer Einschränkung von Grundrechten wie Versammlungs- und Pressefreiheit (vgl. »Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat« vom 28.2.1933 [RGBl. I, S. 83]; später »Reichstagsbrandverordnung« genannt). Die Hintergründe des Brandes konnten nie eindeutig geklärt werden; wahrscheinlich wurde er von dem holl. Kommunisten van der Lubbe gelegt.
Auf Initiative des ehemaligen komm. Reichtagsabgeordneten Willi Münzenberg wurde ein »Weltkomitee für die Opfer des Hitlerfaschismus« gegr., das einen »Unterausschuß zur Aufklärung des Reichstagsbrandes« bildete. Eine internationale Kommission aus Juristen und technischen Sachverständigen traf sich zu diesem Zweck vom 14.9.-20.12.1933 in den Räumen der Londoner Law Society; vgl. Tobias (1962).

389, 27-30 Ich har man ... ok. Weitstu doch - (nd.)
    Ich hatte man bloß vergessen daß ich das hatte, Gesine.
    Hättest du gesagt, nicht, Cresspahl.
    Mir haben die Leute geglaubt und die Polizisten und Nachbars
    Katze auch. Weißt du doch.

390, 7f. Nun half es ... Hitlers gestimmt hatte - s.K. 348, 39; SPD: s.K. 170, 10.

390, 10f. der Ausschluß sämtlicher ... aus dem Vorstand - Diese tendenziös fehlerhafte Angabe stammt aus einer DDR-Quelle: »Auf einer Konferenz am 19. Juni 1933 wurden auf Betreiben Paul Löbes alle jüdischen Mitglieder aus dem Parteivorstand hinausgewählt«, in: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung (1969), Bd. 10, S. 35. Da die jüd. Vorstandsmitglieder alle emigriert waren, konnten sie nicht gewählt werden; vgl. HNJ, S. 83 und 179f.; s.K. 352, 1f.

390, 27f. Right you are ... hest dat sülben - (engl./nd.) Recht hast du, Gesine. Und du kennst das nicht bloß von mir. Du hast das selber.

390, 31-33 in der Volksabstimmung ... aus dem Völkerbund - Der scheinheilige, eine Friedenspolitik proklamierende »Aufruf der Reichsregierung an das Deutsche Volk« (RGBl. I, S. 730), in dem es hieß, Frankreich verhindere die Gleichberechtigung Deutschlands auf militärischem Gebiet, wurde gleichzeitig mit der Auflösung des Reichstags am 14.10.1933 beschlossen; Deutschland verließ am 14.10.1933 die Genfer Abrüstungskonferenz und trat am 19.10.1933 aus dem Völkerbund aus. Die Abstimmung über den Aufruf und Neuwahlen fanden am 12.11.1933 statt. Form und Inhalt der Stimmzettel wurden mehrfach geändert, um ein für die Reichsregierung optimales Ergebnis zu erzielen. In dem Plebiszit stimmten 93% der Deutschen dem Austritt zu; s.K. 87, 6f.; 391, 11f.

391, 6 Heinrich Himmler - 7.10.1900-23.5.1945, Landwirt; trat 1925 der NSDAP und der »Schutzstaffel« bei, seit 1929 Reichsführer der SS, die er als persönliches Machtinstrument nutzte, seit 1934 Reichsleiter der NSDAP und Hitler unmittelbar unterstellt, 1936 Chef der Polizei, die er in enger Bindung an die SS neu aufbaute; 1939 beauftragt, als »Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums« die Umsiedlung von Auslandsdeutschen durchzuführen; 1943 Innenminister, organisierte den Terror der Gestapo, die Massentötungen der Juden und den zerstörerischen Widerstand vor der Kapitulation; beging in brit. Kriegsgefangenschaft Selbstmord.

391, 7 Künnstu nich åhnn - (nd.) Konntest du nicht ahnen.

391, 9f. Verdreifachung der Reichswehr - Am 24.10.1933 forderte Hitler im Berliner Sportpalast die volle Gleichberechtigung Deutschlands entweder durch Abrüstung der übrigen Mächte oder durch Aufrüstung Deutschlands, das eine Reichswehr von 300.000 Mann benötige. Am 8.4.1935 enthüllte Hitler in der ersten seiner sog. Samstagsüberraschungen, daß Deutschland eine neue Luftwaffe besaß, und eine Woche später, daß er das Heer von 100.000 auf 550.000 Soldaten ausbauen wolle.

391, 10f. »Arbeitsschlacht« - Nationalsoz. Propagandabegriff für Maßnahmen zur Wiederbelebung der Wirtschaft und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Dazu gehörten das 1. und das 2. »Gesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit« vom 1.6.1933 (RGBl. I, S. 323) und vom 21.9.1933 (RGBl. I, S. 651) und der Beginn der Arbeiten an der Reichsautobahn am 23.9.1933.

391, 11f. Im Oktober verließ ... die genfer Abrüstungskonferenz - Hitler, der selbst einen Deutschland gegenüber großzügigen Rüstungsbegrenzungsplan vermeiden wollte, stellte unakzeptable Forderungen: Waffengleichheit genüge nicht, ohne jede Kontrolle müsse Deutschland nach eigenem Ermessen einen wirklichen Gleichstand herbeiführen können. Da aber Frankreich und England, vom Wiederaufleben des dt. Nationalismus beunruhigt, ein erneutes Wettrüsten vermeiden wollten und eine Bewährungszeit für Deutschland nötig erachteten, kündigte Hitler am 14.10.1933 die Teilnahme an der Genfer Konferenz auf; s.K. 390, 31-33.

391, 13 Sanktionen des Völkerbundes - Der Reichswehrminister ordnete am 25.10.1933 in einer geheimen Weisung für den Fall von militärischen Sanktionen der Westmächte »ohne Rücksicht auf militärische Erfolgsaussicht örtlich bewaffneten Widerstand« an; vgl. Overesch/Saal (1991); Overesch (1991).

391, 22f. mochten einen Rochus ... die Juden haben - (Rotwelsch bzw. jiddisch) auf jemanden zornig sein; von jiddisch »rochus«, »rauches« für »Ärger«, »Zorn«.

391, 28-
392, 5
Glöv ick nich ... nich vel dacht - (nd.)
    Glaub ich nicht.
    Wenn einer vom Rathaus kommt, ist er nicht bloß klüger. Er ist reinweg ein besserer Mensch, der versteht die anderen nicht mehr. Wo sitzt du denn, Gesine? Kannst du deinen Krieg nicht sehen? Warum gehst du nicht weg, damit du keine Schuld kriegst? Du kennst das nun doch wie das ist mit den Kindern. Was sagt Marie, wenn sie es gemerkt hat?
    Daß die Toten das Maul halten täten.
    Ist es dir nicht genug daß sie tot sind?
    Wenn ich nichts sagen soll, was redest du?
    Ich wollte dir nicht Angst machen, Gesine.
    Du willst das man bloß nicht sagen.
    Sag du es.
    Du hattest deine Frau in Deutschland, und sonst hast du dir nicht viel gedacht.
    Sonst hab ich mir nicht viel gedacht.

391, 35 Dat de Dodn ... Mul holln dedn - s.K. 45, 33.

392, 23f. Jen dou vode ... láska mi vobešla - (tschech.)
    Halten Sie nur Abstand von mir.
    Die Liebe ging an mir vorbei.
Zitat aus dem Gedicht »Dobrý den Brno«, »Guten Tag, Brünn« des tschech. Dichters František Halas (3.10.1901-27.10.1949).

    Dobrý den Brno

    Dobrý den
    a jak se máš

    Byla Vid’ Rezivĕ čoudná
    Prázdnooká Slídivá
    a za ni nĕkdo zpíval

    Lámejte chvojku zelenou
    pokryjte tu krev červenou
    aby vrány nekrákaly

    Vnitřnosti domů rozvĕšovala
    a vychloubavĕ

    Zacláni čas už počmáraný plot
    Musí to tak být
    Jak zkrásnĕla jsi zpozdilá lásko
    žehravým přivinutím let
    Zaclání čas ten počmáraný plot
    A nápis na nĕm
    Halas je vůl

    Kdybyste se nesmáli

    Je nĕkde pavlač prvních stydkých dotyků
    dny kravat
    milostná práce štĕpné tmy
    strašné svlékání
    a nad tím mĕsíc

    Darmovis

    Je nĕkde okno v přízemí
    kde zvadi vyčítáním
    muškát s fuchsií

    Na kraji v zpomínky
    má utrhnout se sráz
    Podej mi aspoň prst

    Mé verše mlíčňácké
    ty verše z tamtĕch dob

    Kdy vzduch byl vrkavý
    a oči podmalované
    kdy v čpavé dupárnĕ
    až k pýše zvedla nos

    Jen dou vode mnĕ dál
    láska mi vobešla

    Rána zpocená úzkostí
    bĕhala nahá


    Co bylo za tím
    Tajemství
    a nalíčená kost

    Víš co ví červ a víš co tráva ví
    i semenĕní kořeny
    noc rozdrobená na můry
    Ty v hlínĕ Centrálky
    ty s málem nestačils
    Jdu nazpátek a pomoz mi
    článkovat zdánlivé
    v souvĕtí královská

    Rozumim čím dál míň

    Hni se verši
    nĕco vyššího zachtĕlo se psát
    když cosi zat’ukalo
    snad srdce ve vajíčku
    a vstal jsem do tebe

    Dobrý den Brno
    Vstávej
    a toto jen aby řeč nestála





    Guten Tag Brünn

    Guten Tag
    wie geht es Dir?

    Widj war rostig qualmig
    leeräugig spähend
    und jemand sang für sie

    Brechen Sie grüne Zweige
    bedecken Sie das rote Blut
    damit die Krähe nicht krächzt

    Die Innereien der Häuser
    hing sie auf und prahlend

    Verhängt die Zeit den schon bekritzelten Zaun
    So muß es sein
    Wie schön bist Du alberne Liebe
    mit mißgünstigem Anschmiegen der Jahre
    Verhängt die Zeit den bekritzelten Zaun
    Und die Schrift darauf
    Halas ist ein Ochs’

    Wenn Sie nicht lachen würden

    Ist irgendwo ein Fußbreit erster schamhafter Berührungen

    Tag der Krawatte
    der Liebesarbeit der gnädigen Dunkelheit
    das fürchterliche Ausziehen
    und darüber der Mond

    Vergeblicher Sturzhang

    Ist irgenwo ein Fenster im Erdgeschoß
    wo durch Vorwürfe
    Muskat und Fuchsien welken

    Am Rande der Erinnerung
    soll der Abhang rutschen
    Reiche mir wenigstens den Finger

    Meine unreifen Verse
    die Verse aus damaligen Zeiten

    Als die Luft girrte
    und untermalte Augen
    als in übelriechender Tanzdiele
    bis zum Hochmut die Nase hochhob

    Halten Sie nur Abstand von mir
    Die Liebe ging an mir vorüber

    Durch Bangen gespaltene Wunde
    lief nackt herum

    Was steckte hinter dem
    Geheimnis
    und ein geschminkter Knochen

    Du weißt, was Wurm und Gras wissen
    Und auch das Samenstreuen durch die Wurzel
    die Nacht in Mahre zerfallen
    Du im Boden der Zentrale
    mit wenig kamst Du nicht zurecht

    Ich kehre zurück
    das Scheinbare zu gliedern
    in königliches Satzgefüge

    Ich verstehe immer weniger
    Bewege Dich Vers
    man möchte etwas Höheres schreiben
    als etwas klopfte
    vielleicht ein Herz im Ei
    und ich bin von Dir aufgestanden

    Guten Tag, Brünn
    Stehe auf
    und das hier nur, damit die Rede
    nicht stehen bleibt

Dt. Jiří Hromádko.



392, 26-28. Šaty mĕla podzimkové… oči měla podzimkové - (tschech.) Erste Strophe des Gedichts »Celá podzimková« des tschech Dichters František Halas.

    Celá podzimková

    Šaty mĕla podzimkové
    a vlasy mĕla podzimkové
    oči mĕla podzimkové

    Ústa mĕla pozimková
    a nadra mĕla podzimková
    a snĕní mĕla podzimková

    Život mĕla podzimkový
    A klín mĕla podzimkový
    A úsmĕv mĕla poszimkový

    Chut’ mĕla pozimkovou
    A nĕhu mĕla podzimkovou
    A úzkost mĕla podzimkovou

    Byla celá podzimková
    Jako báseň dušičková


    Herbstlich

    Herbstlich war ihr Kleid
    Herbstlich war ihr Haar
    Herbstlich waren ihre Augen

    Herbstlich war ihr Mund
    Herbstlich ihre Brust
    Herbstlich waren ihre Träume

    Herbstlich war ihr Leib
    Herbstlich ihr Geschlecht
    Herbstlich ihr Lächeln

    Herbstlich war auch ihr Verlangen
    Herbstlich ihre Zärtlichkeit
    Herbstlich war ihr Bangen

    Herbstlich war sie ganz und gar
    Wie ein Lied zu Allerseelen

Dt.: Felix Philipp Ingold, Neue Zürcher Zeitung vom 31.8.2002.