Ihre Magyarisierungsversuche führten zu ethnischen Konflikten
und trugen zum Niedergang des historischen Ungarn am Ende des Ersten Weltkrieges
bei. In Finnland wurde der Konflikt zwischen zwei Nationalismen ausge-tragen,
dem finnischen (Fennomanen)
und dem schwedischen (Svekomanen).
Die Schwedisch-sprachigen kämpften für die Beibehaltung der privilegierten
Stellung ihrer Sprache und Kultur, während die Finnen für eine Ausweitung
der rechtlichen Stellung der finnischen Sprache eintraten. Im weiteren Verlauf
weitete sich der Sprachenstreit zu einem Kampf um die politische Macht aus,
und nun wollten auch die Finnen einen reinen finnischen Nationalstaat schaffen.
Die Erreichung ihres Ziels wurde durch die Umwälzungen in Rußland
erleichtert.
In Finnland und Ungarn lassen sich die gleichen gesellschaftlichen Grundströmungen
erkennen, jedoch nicht in gleichem Umfang: Migrationen innerhalb des Landes
in industrielle Zentren und Emigration nach Übersee aufgrund der auf
dem Lande herrschenden wirtschaftlichen Not, ein sich schrittweise vollziehender
Strukturwandel der Gesellschaft mit einem wachsenden Anteil von Industriearbeitern,
Großbürgerlichen und Industriellen. Ebenso verbreitete sich die
sozialistische Ideologie gegen Ende des 19. Jahrhunderts recht schnell in
beiden Ländern.
Sowohl in Ungarn als auch in Finnland herrschte ein "Goldenes
Zeitalter" auf allen kulturellen Gebieten mit einem starken nationalen
Symbolismus, der oft für politisch- nationalistische Zwecke verwendet
wurde . Gegen Ende dieser Periode kam es in beiden Ländern zum Streit
zwischen westlich orientierten Künstlern und Schriftstellern und den
Verfechtern nationaler Ideale.
In Ungarn fand ein rascher Aufbau eines modernen höheren Bildungs- und
Forschungssystems auf westeuropäischem Niveau statt, wogegen sich diese
Entwicklung trotz blühender nationaler Wissenschaften in Finnland verzögerte
(s. Kurztext Antti Jalava).
Die Beziehungen Finnland und Ungarns zu ihrer jeweiligen Herrschermacht entwickelten
sich am Ende der Periode in recht unterschiedliche Richtungen. Sieht man von
den internen politischen Entwicklungen der Partner ab, funktionierten die
Beziehungen zwischen Wien und Budapest im allgemeinen recht gut. Für
Finnland und Rußland war dies nicht der Fall: Die Beziehungen zwischen
St. Petersburg und Helsinki waren aufgrund einer aggressiven Integrationspolitik
seitens der russischen Regierung gespannt, und radikalisierte Finnen begannen
damit, separatistische Gedanken zu hegen.