Eine grundlegende Änderung der Situation in Ungarn konnte
jedoch nur von einer Entwicklung erwartet werden, die zu einer Schwächung
Österreichs führen und es deshalb zu Konzessionen zwingen würde.
Eine derartige Situation trat außenpolitisch zum ersten Mal Ende der
1850er Jahre ein. Antiösterreichische Kampagnen in Italien und die Niederlage
gegen Frankreich und Piemont-Sardinien 1859 offenbarten die Schwäche
des Systems. Auch innenpolitisch kam es zu einem wachsenden Widerstand und
Protestausbrüchen. In Ungarn wurde 1860 trotz Verbots erstmals der Jahrestag
der Revolution am 15. März gefeiert.
Kaiser Franz Joseph sah
sich gezwungen, den Reichstag um Vertreter der konservativen ungarischen Aristokratie
zu erweitern und ihnen in dem Oktoberdiplom vom Oktober 1860 einige Zugeständnisse
im Sinne einer Föderalisierung zu machen. Ungarn sollte als autonomes
Kronland den anderen Reichsteilen gleichgestellt sein. Dieses Zugeständnis
mit der Wiedereinrichtung eines in seinen Befugnissen eingeschränkten
Landtages, der Hofkanzlei, des Statthalterrates und der Komitats-verwaltung
genügte aber den Ungarn nicht.
Diese forderten vielmehr mehrheitlich die Rechtskontinuität,
d.h. das Wiederinkrafttreten der 1848/49 erlassenen Gesetze. Die vom Oktoberdiplom
erhoffte Konsolidierung trat nicht ein, im Gegenteil.
Franz Joseph vollzog deshalb rasch eine Kehrtwendung und versuchte mit dem
Februarpatent vom 26. Februar 1861, die Probleme in zentralistisch-liberaler
Weise zu lösen. Die Kompetenzen der Landtage in den Kronländern
wurden beschnitten, die des zentralen Reichsrates dagegen erweitert. Im Reichsrat
war Ungarn mit 85 von insgesamt 343 Abgeordneten vertreten.
Einig in der strikten Ablehnung des aus ungarischer nationaler Sicht retrograden
Februarpatents kristallisierten sich im ungarischen Landtag (s.
Bild) zwei etwa gleichstarke Lager heraus. Das eine Lager, dessen Führer
Ferenc Deák (s.
Bild) war, wollte die nationalen Forderungen in der verfassungsgemäßen
Form einer Adresse an den zwar nicht gekrönten, aber de facto anerkannten
Herrscher Franz Joseph richten.