Da die Außenpolitik eine gemeinsame Angelegenheit war,
trat die Monarchie gegenüber dem Ausland als eine Einheit auf, und Ungarn
war direkt in die österreichisch-ungarische Außenpolitik involviert.
Mit dem Ausgleich wurde zunächst die Großmachtrolle der Habsburgermonarchie
gestärkt. Sie erhielt zudem eine spezifische außenpolitische Funktion,
nämlich ihren Völkern Schutz gegen die russische und deutsche Expansion
in diesem Raum zu gewähren. Gleichzeitig herrschten allerdings im Inneren
keine Gleichheitsver-hältnisse unter den Nationen. Es bestand also ein
Widerspruch zwischen der außenpolitischen Funktion und dem hegemonialen
inneren System. In diesem System kämpften die untergeordneten Nationen
gegen die hegemonialen Nationen, also gegen die Deutsch-Österreicher
und die Magyaren. Andererseits benötigten sie aber diesen Staat seiner
außen-politischen Rolle wegen. Dieser Widerspruch war ohne Konflikte
nicht lösbar, er gefährdete somit die Erfüllung der außenpolitischen
Funktion und spielte dann letztlich auch beim Zusammenbruch der Monarchie
eine entscheidende Rolle.
Hinsichtlich des Verhältnisses Österreich-Ungarns
zu Preußen wurde Ende der 1860er Jahre von der ungarischen Regierung
die Auffassung vertreten, der Status quo sei aufrechtzuerhalten, d.h. jede
weitere Expansion Preußens gegenüber der Monarchie wurde als Gefährdung
der Monarchie und Einleitung eines Zerfalls-prozesses angesehen, der dann
auch auf Ungarn negativ wirken würde. Zugleich wurden aber auch die in
Österreich erörterten Pläne eines Revanchefeldzuges gegen Preußen
abgelehnt. Auch in der Balkanpolitik vertrat die ungarische Regierung in dieser
Periode die Auffassung, den Status quo und die Integrität des Osmanischen
Reiches aufrechtzuerhalten, um ein Vordringen Rußlands zu verhindern.
Nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 und der deutschen Einigung
wurde auch die österreichisch-ungarische Außenpolitik gegenüber
Deutschland auf eine neue Grundlage gestellt. Die geeignete Person, diese
Politik zu vollziehen, war der erste ungarische Ministerpräsident, Graf
Gyula Andrássy, der
im November 1871 zum österreichisch-ungarischen Außenminister (s.
Bild) ernannt wurde.