Aus den spezifischen österreichisch-ungarischen Interessen
heraus, eine gegen Österreich-Ungarn gerichtete deutsch-russische Koalition
zu verhindern und deshalb ein gutes Verhältnis zu Deutschland zu pflegen,
wurde im Oktober 1879 der Bündnisvertrag zwischen Österreich-Ungarn
und Deutschland abgeschlossen. In diesem Vertrag verpflichteten sich beide
Seiten, im Falle kriegerischer Auseinandersetzungen mit Rußland einander
militärische Hilfe zu leisten, bzw. im Kriegsfalle mit einem anderen
Staat wohlwollende Neutralität zu bewahren. Dieses bis zum Ende des Ersten
Weltkrieges in seinen inhaltlichen Bestimmungen unveränderte Bündnis
wurde in Ungarn für richtig gehalten, weil es der Monarchie Schutz vor
einer russischen Expansion bot und ihr die Möglichkeit gab, ihren Einfluß
auf dem Balkan (s. Bild)
zu stärken.
Die Umgestaltung der internationalen Kräfteverhältnisse am Ende
des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts schwächte die Großmachtstellung
der österreichisch-ungarischen Monarchie. Gerade auch in Ungarn traten
vermehrt Stimmen auf, die als Konsequenz dieser Entwicklung eine Lockerung
des Bündnisses mit Deutschland und eine Verbesserung des Verhältnisses
zu Rußland forderten.
Während die Annexion von Bosnien und der Herzegowina 1908 als solche und die damit verbundene Vorstellung des Außenministers Aehrenthal, Serbien entscheidend zu schwächen, in Ungarn begrüßt wurde, stieß jede Idee, eine Einigung der südslawischen Völker unter Führung der Kroaten und innerhalb der Monarchie im Rahmen einer trialistischen Umgestaltung herbeizuführen, in Ungarn auf Ablehnung. Ungarn war zu inneren Strukturveränderungen der Monarchie nicht bereit. Zustimmung dagegen fand die außenpolitische Konzeption der Monarchie, unter den gegebenen internationalen Kräfteverhältnissen auf ein aggressives und militärisches Auftreten auf dem Balkan zu verzichten. Mit dieser Konzeption wurde erst bei der Kriegsentscheidung 1914 gebrochen.