Der wirtschaftliche Entwicklungsstand der österreichisch-ungarischen
Monarchie und besonders derjenige Ungarns lag 1867 beim Abschluß des
Ausgleichs weit hinter dem der westeuropäischen Länder. Innerhalb
der Monarchie war der Entwicklungsstand alles andere als einheitlich. Es bestand
ein beträchtliches Entwicklungs-gefälle von Norden nach Süden
und von Westen nach Osten. Die kapitalistischen Entwicklungskräfte reichten
bei weitem nicht aus, um die unterschiedlichen Entwicklungsniveaus zwischen
den einzelnen Gebieten auszugleichen. Im Gegenteil, die Unterschiede wurden
teilweise noch krasser.
In der ungarischen Reichshälfte schuf der Ausgleich wichtige Voraussetzungen
für die dynamische Wirt-schaftsentwicklung der ungarischen Gründerzeit.
Es konnte Kapital (s. Bild),
das im wesentlichen aus Österreich, Deutschland und Frankreich stammte,
in erheblichem Umfang nach Ungarn fließen, um die Infrastruktur (s.
Bild), vor allem den Verkehrssektor, auszubauen. Die Landwirtschaft (s.
Bild 1, Bild 2,
Karte) wurde durch Gewinnung
neuer Anbauflächen extensiv erweitert und zugleich modernisiert. Dadurch
erreichte sie ein Niveau, das zur Versorgung der Bevölkerung ausreichte
und sogar erhebliche Exportkapazitäten produzierte.
Zudem konnte sie infolge der Modernisierung zahlreiche Arbeitskräfte
freisetzen, die für die Industrialisierung erforderlich waren. Als dritte
Voraussetzung wurde ein modernes Bankensystem (s.
Bild 1, Bild 2)
errichtet.
Diese durch den Ausgleich bzw. durch das damit verbundene Zoll- und Handelsbündnis
geschaffenen Voraussetzungen ließen Ungarn erhebliche wirtschaft-liche
Vorteile aus dem Dualismus ziehen. An erster Stelle der Vorteile stand der
große Absatzmarkt der Gesamtmonarchie für die ungarischen Agrarprodukte.
Dann folgte der Ausbau der Infrastruktur (s.
Baross) mit der Schaffung eines weit verzweigten Eisenbahnnetzes (s.
Bild 1, Bild 2,
Bild 3, Karte),
das 1867 eine Länge von 2.200 km, 1913 dagegen von 22.000 km aufwies,
und schließlich der Aufbau einer bedeutsamen Schwerindustrie. Gleichzeitig
führte der Ausgleich jedoch auch zu wirtschaftlichen Nachteilen. Er trug
wesentlich zur Zementierung des agraren Charakters Ungarns bei und behinderte
in gewissem Umfang und in bestimmten Bereichen eine industrielle Entwicklung.