Der Wandel der Erwerbstätigenstruktur war mit einer umfangreichen
Mobilität der Bevölkerung verbunden. Sie strömte in großem
Umfang (s. Karte) in die Städte
(s. Bild), vor allem
aber nach Budapest. Die ungarische Hauptstadt (s.
Bild 1, Bild 2)
konnte durch diesen Zuzug ihre Bevölkerungszahl im Zeitraum 1870 bis
1910 von 270.000 auf 880.000 Menschen vergrößern.
Unter den gesellschaftlichen Klassen blieb nur die über Großgrundbesitz
verfügende Aristokratie (s.
Bild 1, Bild 2,
Bild 3) stabil und weitgehend
unverändert. Alle anderen Klassen waren starken Mobilitätserscheinungen
unterworfen. Es entstand eine neue Schicht von Großindustriellen (s.
Bild) und Bankiers überwiegend jüdischer oder deutscher Herkunft,
die die Hauptträger der Industrialisierung waren und deren wirtschaftliche
und politische Interessen deutlich von denen der Aristokratie abwichen. Die
bürgerliche Mittelklasse (s.
Bild 1, Bild 2)
blieb zahlenmäßig ziemlich klein. In ihr spielten nicht so sehr
bürgerliche Unternehmer und Freiberufler eine Rolle, sondern vielmehr
die im Staatsdienst stehende Intelligenz (s.
Bild). Ihre Angehörigen waren ihrer Herkunft nach mehrheitlich Adlige
- die sog. Gentry (s.
Bild)-, die ihre Güter verloren hatten oder verarmt waren, in ihren
gesamten Verhaltensweisen aber mehr zum Adel als zum Bürger-tum tendierten.
Die Entwicklung der Bauernschaft (s.
Bild) wurde gravierend durch das in Ungarn vorherrschende System des Großgrundbesitzes
(s. Bild) behindert.
Sie konnte deshalb kaum
ihren Bodenbesitz vergrößern, viele Bauern verfügten nur über
Klein- und Zwergbesitze, ihre wirtschaftliche Situation unterschied sich nicht
von der der Tagelöhner (s.
Bild 1, Bild 2).
Das städtische Klein-bürgertum (s.
Bild 1, Bild 2,
Bild 3, Bild
4, Bild 5) erfuhr
erhebliche Wandlungen. Viele traditionelle Handwerker-berufe wurden aufgegeben,
stattdessen bildete sich ein Dienstleistungsgewerbe heraus, das auch eine
größer werdende Zahl von kleinen Angestellten (s.
Bild 1, Bild 2)
und einfachen Beamten umfaßte. Es entstand auch rasch eine Arbeiterschaft
(s. Bild 1, Bild
2), die um die Jahrhundertwende auf etwa 300.000 Menschen ange-wachsen
war, sich bis zum Krieg noch einmal verdoppelte und stark genug war, sich
1890 mit der Gründung der Sozialdemokratischen Partei Ungarns (s.
Bild 1, Bild 2,
Bild 3, Bild
4) auch politisch zu organisieren.
Tabelle: Eisenbahndichte in Europa
Tabelle: Länge des Eisenbahnnetzes
in Ungarn
Tabelle: Wirtschaftsentwicklung
1867/ 1870 - 1913
Tabelle: Anteile am Nationaleinkommen
Tabelle: Nationaleinkommen pro
Einwohner
Tabelle: Entwicklung der Budapester
Großbanken
Tabelle: Entwicklung der Industrie
1884 - 1913
Tabelle: Urbanisierung in Ungarn
1869 - 1910