Die wichtigsten und am stärksten zu spürenden Mittel
zur Magyarisierung wurden in der Schul- und Kulturpolitik eingesetzt. In einer
ganzen Reihe von Schulgesetzen (s.
Bild), in der Schließung von Nationalitätenschulen und dem
Verbot von Kulturorganisationen der Nationalitäten wie z.B. der slowakischen
Matica Slovenská und der serbischen Omladina äußerte
sich eine Politik, die einen Schulunterricht in den jeweiligen Muttersprachen
nahezu unmöglich machte. Der Anteil der Nationalitätenschulen lag
weit unter den Bevölkerungsanteilen, zudem war er stark rückläufig.
Eine besondere Rolle in der Magyarisierungspolitik spielten die zweisprachigen
Schulen, in denen die eine Unterrichtssprache immer Ungarisch war. Diese Schulen
dienten in national gemischten Gebieten weniger der Wahrung der Nationalitätenrechte
als vielmehr der bewußten Magyarisierung. Dies wird daran deutlich,
daß zweisprachige Schulen in den meisten Fällen in reinen Nationalitätengebieten
angelegt wurden. Auch im öffentlichen Leben waren die Nationalitäten
weit unterrepräsentiert. Im Bereich der Wirtschaft stellte sich die Situation
etwas anders dar. Die überwiegend an der Peripherie Ungarns siedelnden
Nationalitäten erzielten ein deutlich geringeres Einkommen als die vor
allem im Zentrum des Landes lebenden Ungarn, dadurch war auch ihr Lebensstandard
niedriger.
Auch der Grundbesitz war klar zu Gunsten der Magyaren verteilt.
Und schließlich veranlaßte auch die äußerst schwierige
wirtschaftliche Situation weiter Teile der Nationalitätenbevölkerung
diese überproportional zur Auswanderung (s.
Bild, Karte) nach Amerika.
Dennoch waren dies keine Folgen einer bewußten Magyarisierungspolitik
sondern die Konsequenzen aus immer noch existierenden feudalen Strukturen.
Die hier skizzierte Nationalitätenpolitik wurde bis zum Ende des Ersten
Weltkrieges im Prinzip unverändert fortgeführt. Alle Regierungen
beharrten weiterhin auf der Gültigkeit des Nationalstaatsprinzips und
auf der Wahrung der territorialen Integrität; Zugeständnisse wurden
kategorisch abgelehnt. Die Anwendung der Kriegsgesetze ermöglichte teilweise
sogar eine Verschärfung der Unterdrückung. Selbst im Oktober 1918,
als der Kaiser angesichts der drohenden Niederlage die föderative Umgestaltung
Österreichs verkündete, setzte die ungarische Regierung durch, daß
die ungarische Reichshälfte von dieser Umgestaltung ausgenommen wurde.