Die Unterrichtssprache in den Schulen konnte von dem jeweiligen
Schulträger (s. Bild)
bestimmt werden. Da aber bereits zu diesem Zeitpunkt selbst die gemäßigsten
Forderungen der Nationalitäten auf Anerkennung und Gewährung von
Autonomie hinzielten, wurde das Nationalitätengesetz von den Nationalitäten
(s. Bild) abgelehnt.
Der unüberbrückbare Gegensatz zwischen den Magyaren und den Nationalitäten
war bereits offenkundig, die Idee des einheitlichen ungarischen Nationalstaats
aus der Sicht der Nationalitäten eine Fiktion. Auf der anderen Seite
waren sich die regierende Liberale Partei und die Oppositionsparteien weitgehend
darin einig, daß das Nationalitätengesetz ohne Verletzung der magyarischen
nationalen Interessen nicht erweitert werden könne. Nach dem Tod seiner
Schöpfer wurden dann, beginnend in den 1880er Jahren und stark beschleunigt
ab dem Ende der 1890er Jahre, viele Bestimmungen des Gesetzes nicht mehr durchgeführt
und insbesondere durch die Schulgesetz-gebung (s.
Bild) sogar wieder rückgängig gemacht. Am Ende des 19. Jahrhunderts
steigerte sich der magyarische Nationalismus und nahm chauvinistische Züge
an, was von weiten Teilen der ungarischen Öffentlichkeit geteilt und
unterstützt wurde. Zugleich wurde die Nationalitätenfrage als ein
politisches Instrument auch gegen soziale und demokratische Reformen eingesetzt.
Die Argumentation war simpel: Jedes soziale und demokratische Zugeständnis, z.B. eine Änderung des Wahlgesetzes (s. Bild 1, Bild 2), hätte ja auch den Nationalitäten zugute kommen müssen und hätte dadurch die magyarische Suprematie gefährdet. Seinen politischen Ausdruck fand der magyarische Nationalismus in der Magyarisierungspolitik. Es war zwar keine systematische Politik und auch die tatsächlichen Ergebnisse können eher ambivalent bewertet werden, gleichwohl führte sie zu einem tiefen Bruch mit den Nationalitäten. Die Magyarisierungsversuche spielten sich vor allem in den Bereichen Politik und Kultur ab. Das Wahlrecht mit seinem hohen Wahlzensus und der Wahlkreiseinteilung, sowie die verschiedenen Formen von Korruption und Einschüchterungsmaßnahmen benachteiligten die Nationalitäten stärker als die magyarische Bevölkerung. Häufig wurde gegen Politiker und Parteien der Nationalitäten gerichtlich vorgegangen unter dem Vorwand, daß ihre Tätigkeit gegen die Idee des einheitlichen Nationalstaats verstoßen habe. Insgesamt hatten diese Maßnahmen zur Folge, daß die Nationalitäten im ungarischen Parlament (s. Bild) weit unterrepräsentiert waren.