Die Diskussion wurde in der Öffentlichkeit mit großer
Leidenschaft geführt, der Partei und der Regierung waren aber aus außenpolitischen
Gründen die Hände gebunden, sich intensiv in diese Diskussion einzu-schalten.
Die organisatorische Formierung der Oppo-sitionsbewegungen setzte 1987 ein.
Im September 1987 gründeten Intellektuelle in Lakitelek (s.
Bild) das Ungarische Demokratische Forum(s.
Csoóri, S. ; Csurka,
I.), das national orientiert war und ein Mehrparteien-system sowie die
Rehabilitierung Imre Nagys
forderte. Eine stärkere Linksorientierung vertrat das Netzwerk, das verschiedene
Untergrundbewegungen koordinierte und u.a. die Sicherung der Menschen- und
Bürgerrechte forderte. Aus ihm ging später der radikal-liberale
Bund Freier Demokraten hervor. Von Bedeutung waren auch die Gründung
des Bundes Junger Demokraten (s.
Orbán), der die Anerkennung des Privateigentums und der freien
Wirtschaft forderte, und der unabhängigen Gewerkschaft Demokratischer
Wissenschaftler. Eine rechtliche Basis für die Existenz dieser und anderer
oppositioneller Organisationen und ihre Tätigkeit als politische Parteien
wurde erst mit der Verabschiedung des Vereins- und Versammlungsgesetzes im
Januar 1989 geschaffen, das auch die Gründung anderer politischer Parteien
ermöglichte.
Ein Zusammenschluß der verschiedenen Oppositions-bewegungen,
die insgesamt nur sehr wenige Mitglieder und Sympathisanten hatten und teilweise
einen elitären Charakter besaßen, erfolgte in Form eines Runden
Tisches im März 1989. Entscheidend für die weitere politische Entwicklung
war die Tatsache, daß die Opposition den Dialog mit der kommunistischen
Partei suchte, um in Verhandlungen Lösungen der Problem-felder zu erzielen
und die Modalitäten für einen fried-lichen Übergang zur Demokratie
auszuarbeiten. Szürös
Als dritter Prozeß muß die Rolle der Reformkräfte (s.
Grósz, Pozsgay,
Nyers, Szűrös)
innerhalb der Partei angeführt werden, deren erfolgreiches Auftreten
natürlich erst ermöglicht und dann auch begünstigt wurde durch
Mihail Gorbatschows Politik von Perestrojka und Glasnost in der Sowjetunion.
Mit der Diskussion um die Anerkennung der Existenz von unterschiedlichen Interessen,
des gesellschaftlichen und politischen Pluralismus, wurde ein Reformprozeß
von oben initiiert - auch gegen den Widerstand der "konservativen"
Kräfte innerhalb der Partei. Eine erste wesentliche Etappe dieses Reformprozesses
waren personelle Änderungen in der Staats- und Parteiführung im
Juni 1987.