Im Sinne des politischen Ziels des Kádár-Systems,
die Wirtschaft zu modernisieren und den Lebensstandard (s.
Bild 1, Bild 2,
Bild 3) zu erhöhen,
wurden die wirtschafts-politischen Dogmen der Stalin-Ära, vor allem das
Autarkie-Konzept und die einseitige Schwer-industrialisierung, endgültig
aufgegeben. Stattdessen wurde eine harmonisierte Entwicklung (s.
Karte) von Industrie und Landwirtschaft unter stärkerer Betonung
des Konsum-gütersektors angestrebt. Die Ressourcen (s.
Bild), und natürlichen Möglichkeiten des Landes sollte stärker
als früher bei den Entwicklungsmaßnahmen berücksichtigt werden.
Die Industrialisierung konzentrierte sich auf den Ausbau der weniger energie-
und materialintensiven Ver-arbeitungsindustrien. Im Energiesektor fand eine
Verlagerung von der heimischen Kohle auf Erdöl und Erdgas statt, wobei
diese Umstellung mangels ausreichender eigener Rohstoffvorkommen mit einer
engen Integration Ungarns in den RGW verbunden war. In der ungarischen Energieversorgung
begann eine zunehmende Abhängigkeit von der Sowjetunion. Eine besondere
Rolle in den Investitionsplänen spielte die chemische Industrie (s.
Bild). Die über eine große Tradition verfügende Pharmazeutische
Industrie wurde ausgebaut, dazu wurde auf der Basis importierten sowjetischen
Erdöls eine Petrochemie (s.
Bild) mit einer großen Produktdiversifizierung neu aufgebaut. Ähnliches
galt auch für den Maschinenbau, hier wurden vor allem diejenigen Bereiche
(s. Bild) ausgebaut,
die einen relativ
geringen Material- und Energieaufwand und einen relativ großen
Arbeitskräftebedarf hatten. In diese Bereiche strömten die Arbeitskräfte,
die durch die Kollektivierung und der damit verbundenen Reorganisation der
Landwirtschaft freigesetzt wurden. Bevorzugt investiert wurde in den Gerätebau,
die Nachrichtentechnik sowie in den Bau von Starkstromanlagen, Werkzeugmaschinen
und Dieselmotoren(s. Bild
1, Bild 2,
Bild 3). Dem Ziel, den Lebensstandard zu erhöhen, diente die neu
aufgenommene Produktion von dauerhaften Konsum-gütern (s.
Bild). Allerdings blieb der Ausbau der Leicht- und Lebensmittelindustrie
weiterhin unzureichend.
Das extensive Wachstum der bevorzugten Investitions-bereiche, gekennzeichnet
durch eine jährliche Zunahme der industriellen Arbeitskräfte um
ca. 3%, stieß Anfang der 1960er Jahre an seine Grenzen. Die Arbeits-kraftreserven
und die Möglichkeiten der Material-beschaffung aus den RGW-Ländern
verringerten sich. Andererseits erhöhte sich aufgrund des gestiegenen
Realeinkommens die Nachfrage, die aber trotz gestiegener Importe nur unzureichend
befriedigt werden konnte. Zusätzlich konnte sich die Exportproduktion
nur sehr langsam den Weltmarkterfordernissen anpassen. Zur Lösung dieser
Probleme wurden zunächst organisatorische Maßnahmen ergriffen.