So erhoffte man sich insbesondere durch die Zusammenlegung
der selbständigen Industrieunter-nehmen zu Trusts und landesweiten Großunternehmen
eine Konzentration und Rationalisierung der Ressourcen sowie eine bessere
zentrale Kontrolle und dadurch eine Erhöhung der wirtschaftlichen Effizienz.
Dadurch wurde ein, bis Anfang der 1980er Jahre bestehender, außergewöhnlich
hoher Konzentrationsgrad der Industrie geschaffen, der seinerseits zahlreiche
andere Probleme mit sich brachte.
Die wachsenden Schwierigkeiten führten zu einer intensiven Reformdiskussion
und schließlich zu dem Beschluß der Partei, zum 1. Januar 1968
eine umfassende, vom Politbüromitglied Rezső
Nyers konzipierte Wirtschaftsreform durchzuführen.
Ziele dieser Wirtschaftsreform waren eine dynamischere und ausgeglichenere
Wirtschaftsentwicklung, eine stärkere Ausrichtung der Produktionsstruktur
an volkswirtschaftliche Bedürfnisse, eine stärkere Bindung an die
internationale Arbeitsteilung und eine Verbesserung des Außenhandels.
Das Hauptziel der Reform jedoch war die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen
staatlicher Planung und betrieblicher Kompetenz. Die Kernpunkte der Wirtschaftsreform
1968 betrafen die Ebene sowohl der Unternehmen als auch des Staates. Den Unternehmen
wurde eine weitgehende Autonomie gewährt.
Sie sollten ihre Produktionsstruktur, die Anlage von Gewinnen,
ihre Investitionen, ihre Marktverpflichtungen und ihre Infrastruktur selbst
bestimmen. Sie konnten mit anderen Firmen Verträge frei abschließen;
eine größere Zahl von Betrieben erhielt das Recht, unabhängig
Außenhandel zu betreiben. Innerhalb eines gewissen Rahmens konnten die
Firmen Preise, Löhne und Prämien frei festsetzen. Auf der staatlichen
Ebene wurde die ökonomische Planung auf wenige volkswirtschaftliche Größen
beschränkt, die für die Unternehmen nur Orientierungscharakter besaßen.
Der Staat wollte über indirekte ökonomische Regulatoren erreichen,
daß die Tätigkeit der Betriebe den in den Rahmenplänen ausgedrückten
gesellschaftlichen Interessen entsprach. Solche indirekten ökonomischen
Regulatoren waren z.B. Kredit-, Preis-, Lohn- und Steuerpolitik, sowie Zoll-
und Währungspolitik. Als oberstes Ziel der ökonomischen Tätigkeit
der Unternehmen wurde die Maximierung der Unternehmensgewinne definiert. Der
Grundgedanke der Wirtschaftsreform kann auf die allgemeine Formel gebracht
werden, daß die gleichzeitige und legitime Existenz von Allgemein- und
Individualinteressen anerkannt wurde. Man kann in der Wirtschaftsreform durchaus
die Schaffung und Stärkung von Marktbeziehungen sehen. Ungarn schlug
mit dieser Wirtschaftsreform einen deutlich anderen Weg ein als die übrigen
sozialistischen Länder.