In den Verstaatlichungsmaßnahmen wurde fortgefahren. 1949 wurden neben den Industriebetrieben mit mehr als 10 Beschäftigten und ausländischen Unternehmen (s. Bild) auch die Betriebe des Verkehrswesens und Teile des Gesundheitswesens verstaatlicht. Der im August 1947 begonnene Dreijahresplan wurde beschleunigt durchgeführt und bereits in 2½ Jahren erfüllt. Damit war die Phase des wirtschaftlichen Wiederaufbaus mit der Rekonstruktion der zerstörten Infrastruktur abge-schlossen. Allerdings basierte dieser Plan bereits auf - wie sich später herausstellte - völlig falschen Voraus-setzungen und schuf die Ursachen für schwere Probleme der ungarischen Wirtschaft in späteren Jahren. Der Plan übernahm mechanisch die ökonomischen Praktiken der Sowjetunion; die Theorie der Verschärfung des Klassenkampfes und die damit verbundene Kriegs-hysterie hatten Investitionen in die Schwer-industrie zur Folge, die die realen Finanzierungs-möglichkeiten (s. Bild) weit überschritten und Ungarn zu einem Eisen- und Stahlland machten, obgleich es über keine nennenswerte Eisenerz- und Kohlevorkommen verfügte. Der Plan legte ein zu großes Gewicht auf die Quantität, was einen erheblichen Qualitätsverlust verursachte. Weiter ging der Plan nicht auf die Bedürfnisse der Landwirtschaft und des Lebensstandards der Bevölkerung ein. Wirtschaftlich wie machtpolitisch wurde Ungarn fest in den Hegemonialbereich der Sowjetunion eingebunden.
Die Sowjetunion wurde in diesen Jahren zum wichtigsten Außenhandelspartner
Ungarns, während der Handel mit dem früher wichtigsten Partner,
Deutschland, praktisch völlig zum Erliegen kam.
Nach der Verurteilung der liberalen Bauernpolitik der jugoslawischen Kommunisten
durch die Kominform im Juni 1948 änderte sich die Bauernpolitik auch
der ungarischen Kommunisten grundlegend, die bis dahin auf dem Prinzip der
freiwilligen und stufenweisen Bildung von Produktionsgenossenschaften
beruhte. Im Herbst 1948 wurde das Ziel verkündet, daß 90% der Bauern
innerhalb von 3 bis 4 Jahren zu kollektiven Wirtschaftsformen finden sollten.
Um diese Frage fand zum ersten Mal in der kommunistischen Partei eine konzeptionelle
Diskussion statt, in dessen Verlauf der Protagonist des privaten Bauerntums,
der frühere Landwirtschaftsminister Imre
Nagy unterlag und seine Parteiämter verlor. Die Regierungsverordnung
zur Bildung von Produktionsgenossenschaften wurde am 18. Dezember 1948 erlassen.
Sie unterschied drei Kategorien hinsichtlich des Entwicklungsstandes, wobei
die ersten beiden nur als Übergangsstadien betrachtet wurden. Die Kollektivierung
(s. Bild) kam aber 1949
zunächst nur sehr langsam in Gang. Aber auch die landwirtschaftliche
Produktion hatte 1949 gerade ca. 85% des Produktionsniveaus von 1938 erreicht.