Auf Széchenyis
Ideen und Initiativen gingen zahlreiche Maßnahmen zurück, die eine
unabdingbare Voraus-setzung für die Modernisierung Ungarns bildeten.
Neben der Gründung der Akademie der Wissenschaften (s.
Bild) gehörten hierzu u.a. die Förderung der Donauschiffahrt
(s. Bild), der Bau der
Kettenbrücke (s. Clark,
Bild) zwischen Buda und Pest, der Bau der ersten Dampfmühle, die
Maßnahmen zur Regulierung (s.
Karte 1, Karte 2, Karte
3, Karte 4) und Schiffbarmachung
von Donau und Theiß (s.
Vásárhelyi,
Bild) sowie die Gründung des ungarischen Nationaltheaters (s.
Bild).
Deutlich wurden aber auch die Differenzen zur politischen Opposition. Széchenyi
wollte das Feudal-system auf evolutionärem Wege unter Beibehaltung der
führenden Rolle der bisherigen privilegierten Schichten in Wirtschaft
und Politik mit Maßnahmen von oben verändern. Er rechnete fest
mit der Unterstützung der Regierung bei der Verwirklichung der Reformmaß-
nahmen; das Verhältnis Ungarns zu Österreich sollte unverändert
bleiben.
Der aus einer verarmten kleinadligen Familie stammende Lajos
Kossuth (s. Bild)
hatte in seinen Zeitungen unter Umgehung der Zensur aus dem Reformlandtag
bzw. über die Protestbewegungen in den Komitaten
berichtet und somit eine Art freie Presse in Ungarn geschaffen. Sie spielte
eine wichtige Rolle bei der Organisation und dem Zusammenwirken der Oppositionsgruppen
in den verschiedenen Komitaten.
Wegen dieser Tätigkeit wurde er 1837 verhaftet und 1839 für vier Jahre ins Gefängnis gesteckt. Nach seiner vorzeitigen Freilassung gründete Lajos Kossuth am 2. Januar 1841 die Zeitung Pesti Hírlap 'Pester Nachrichtenblatt' (s. Bild), die schnell zum führenden Blatt der Oppositionsbewegung wurde. Kossuth umging die Auf-lagen der Zensur, indem er es vermied, die aus Sicht der Zensur besonders heiklen Fragen der österreichisch-ungarischen Beziehungen und der Ver-fassungsverstöße zu behandeln, sondern stattdessen alle sozialen, wirtschaftlichen und politischen Elemente der bürgerlichen Reform in den Vordergrund stellte. Daneben gründete Kossuth mehrere Vereine wie den Iparegyesület 'Industrieverband', Védegylet 'Schutzverein' und die Kereskedelmi Társaság 'Handelsgesellschaft', die den Kampf um die wirtschaftliche Selbständigkeit Ungarns unterstützen sollten. Kossuths Vorstellungen gingen sehr schnell über die von Széchenyi konzipierte Reformbewegung hinaus. Széchenyi erhob gegen Kossuth den Vorwurf, daß er das Land zur Revolution treibe und die Gegensätze zwischen dem Wiener Hof und Ungarn vertiefe. Er mußte aber zur Kenntnis nehmen, daß das Oppositionslager nahezu geschlossen auf Kossuths Seite stand. Die Wege der beiden führenden Köpfe der ungarischen Reformbewegung trennten sich.