Die Krise der Landwirtschaft war somit auch eine Krise des
feudalistischen Systems, was zu diesem frühen Zeitpunkt allerdings erst
wenige Angehörige des Adels in Ungarn erkannt hatten.
Vorsichtig eingeleitete Modernisierungsmaßnahmen begannen in den 1830er
und 1840er Jahren erste Wirkungen in der Wirtschaftsentwicklung (s.
Bild) Ungarns zu zeigen. Eine qualitative Verbesserung der landwirtschaftlichen
Produktion (s. Bild)
wurde durch die Einführung neuer Anbaumethoden, durch Arrondierung der
Anbauflächen, durch Intensivierung der Viehzucht, durch verstärkten
Anbau von Kulturpflanzen wie z.B. Tabak, Kartoffeln und Zuckerrüben,
sowie durch Einführung moderner landwirtschaftlicher Geräte erzielt.
Auf den technisch modernsten Gütern wurden Mühlen, Spiritusbrennereien
und Zuckerfabriken errichtet. Entscheidend aber war die Einführung der
Lohnarbeit, die sich gegenüber der Fronarbeit als wesentlich produktiver
erwies. Erforderlich war aber auch ein verstärkter Zufluß an Kapital,
um diese Moderni-sierungsmaßnahmen durchführen zu können.
Die industrielle Entwicklung fand unter noch schwierigeren Bedingungen statt.
Der Konkurrenzdruck der in den wesentlich weiter entwickelten öster-reichischen
Erbländern ansässigen Industrie war viel stärker.
Zugleich stieß die ungarische Industrie auf den offenen
Widerstand des seine Privilegien verteidigenden Zunft-wesens. In einem größeren
Umfang setzte die Industrialisierung (s.
Karte) erst in den 1840er Jahren ein, als vor allem auch mit Hilfe österreichischen
Kapitals die Textilindustrie technisch modernisiert, die Lebensmittelindustrie
(Mühlen (s. Bild)
und Zucker-fabriken) ausge-baut und eine umfangreiche Eisen- und Werkzeugindustrie
(s. Ganz, A.) aufgebaut
wurden.
Der ungarische Außenhandel wurde am Ende der 1820er Jahre ganz überwiegend,
zu 87,3%, mit den habs-burgischen Erbländern abgewickelt. Diese besaßen
einen Anteil am Export in Höhe von 91,3%, am Import von 83,0%. Die restlichen
12,7% des Außenhandels verteilten sich vor allem auf das Osmanische
Reich und dann auf die deutschen Staaten. Die wirtschaftliche Entwicklung
führte zu einer Beschleunigung der gesellschaftlichen und politischen
Ausdifferenzierung der verschiedenen Gruppen. Im großgrundbesitzenden
Adel kristallisierten sich zwei Richtungen heraus. Die Mehrheit trat für
die Beibehaltung der feudalen Ordnung ein, war bestenfalls zu kleineren Reformen
bereit und stand auf der Seite des Wiener Hofes.