Entweder würde Ungarn
eine unabhängige Stellung wie Jugoslawien erlangen, oder die Sowjetunion
würde ihre Interessen als bedroht betrachten und eine heftige Maßnahme
ergreifen..."
Offiziell strebte Finnland danach, auch in der ungarischen Frage in Anlehnung
an die Paasikivi-Kekkonen-Linie Realpolitik zu betreiben. Die außenpolitische
Führung verhielt sich vorsichtig. Finnland enthielt sich der Stimme bei
der Erklärung der UN, die die sowjetische Intervention verurteilte. Damit
war es das einzige westliche Land, das sich so verhielt, da die Präsidenten
Kekkonen und Paasikivi meinten, daß es den Ungarn nicht helfen, sondern
eher unnötige Interessenkonflikte verursachen würde und Finnlands
Verhältnis zu seinem großen Nachbarn im Osten schaden könnte.
Die Zeitung Uusi Suomi schrieb auf der Titelseite am 11.11.1956: "Das
Außenministerium verkündet, daß Botschafter Gripenberg auf
der Sondersitzung der Generalversammlung der UNO letzten Freitag in Übereinstimmung
mit den Instruktionen der finnischen Regierung folgende Erklärung abgegeben
hat: "Der Generalversammlung liegen drei Vorschläge für die
Lösung der Situation in Ungarn vor. Die finnische Delegation wird sich
der Stimme für den Vorschlag enthalten, der von Kuba, Irland, Italien,
Pakistan und Peru vorgelegt wird, da die finnische Delegation dessen Rechtfertigung
nicht beipflichten kann, welche sehr harsch im Ton ist. Einer der zwei verbliebenen
Vorschläge
stammt von den USA, der andere von Österreich. Die finnische Delegation
wird für den letzteren stimmen. In diesem Zusammenhang will sie ihren
aufrichtigen Wunsch zum Ausdruck bringen, daß sich Ungarn und die Sowjetunion
über den Abzug der sowjetischen Truppen einigen und die Grundrechte des
ungarischen Volkes in einer Weise sichern, die der viele Jahrhunderte alten
Freiheitsgeschichte Ungarns angemessen ist."
In der Ausgabe vom 12.11.1956 kommentiert Helsingin Sanomat: "Laut der
Erklärung des Botschafters Gripenberg war der Text der Begründung
des ersten Vorschlags zu harsch, welcher fordert, daß die sowjetischen
Truppen Ungarn verlassen und eine freie Wahl durchgeführt wird, so daß
Finnland dafür nicht stimmen konnte. Können wir also folgern, daß
die finnische Regierung mit dem Inhalt des Vorschlags an sich übereinstimmt,
wenn nicht mit dessen Begründung? Der amerikanische Vorschlag, welcher
fordert, daß die Sowjetunion medizinische Hilfslieferungen nach Ungarn
genehmigt, wurde vom Botschafter mit der Erklärung übergangen, daß
Finnland für den österreichischen Vorschlag stimmen wird, der alle
Mitgliedsländer der UN bittet, Ungarn zu helfen.