Das Ausmaß der nach dem Kriege in Finnland stattfindenden
Veränderungen kam darin zum Ausdruck, daß man von einer "Zweiten
Republik" sprach. In der Außenpolitik bedeutete dies den Aufbau
von freund-schaftlichen Beziehungen zur Sowjetunion. In der Regierungszeit
von Paasikivi gelang es
Finnland, ungeachtet der Zuspitzung des Kalten Krieges, seine Position zu
festigen und sich aus den Interessen-konflikten der Großmächte
herauszuhalten.
In der Innenpolitik mußte die konservative Richtung, welche von Bürgerkrieg
und Lapua-Bewegung geprägt worden war, weichen. Die Linke und Arbeitnehmer-organisationen
stiegen an die Spitze der politischen Macht auf; im Land blieb eine Vielparteien-demokratie
bestehen.
Die Reparationen bedeuteten für das Wirtschaftsleben Finnlands eine große
Belastung, aber sie verhinderten nicht den Wiederaufbau und die Ansiedlung
der aus dem abgetretenen Gebiet kommenden Flüchtlinge.
In Ergänzung zur traditionellen holzverarbeitenden Industrie entstand
auf Grund der Reparationspflichten eine florierende metallverarbeitende Industrie.
Der Aufbau der nordischen Wohlfahrtsgesellschaft begann in Finnland bereits
in den 40er Jahren. Als die Reparationen Anfang der 50er Jahre ungefähr
5% der Staatsausgaben betrugen, machten Kindergeld und Sozialrente bereits
einen größeren Ausgabenposten aus. Die Grundlagen eines sozialen
Sicherheitsnetzes begannen sich abzuzeichnen.
Das Jahrzehnt nach dem Krieg war in Finnland von einer intensiven
Suche nach grundsätzlichen Positionen in der Außen- und Innenpolitik
geprägt. Ungeachtet großer Unsicherheit wurde in dieser Zeit die
Grundlage für eine kontinuierliche Gesellschaftsentwicklung und politische
Demokratie geschaffen.
Im Herbst 1944 wurde in Finnland eine überwiegend aus Vertretern der
Sowjetunion zusammengesetzte alliierte Kontrollkommission unter Leitung des
Generaloberst Zhdanov
eingesetzt. Ihre Aufgabe war es, die Umsetzung der Waffenstillstandsbedingungen
zu über-prüfen. Die Anordnungen der Kommission mußten von
allen finnischen Behörden befolgt werden. Nach Abschluß des Pariser
Friedensvertrages im Jahre 1947 wurde die Kommission aufgelöst.
Zusätzlich zu dem im Winterkrieg verlorenen Gebiet trat Finnland gemäß
des am 19.9.1944 in Moskau abgeschlossenen Waffenstillstandsvertrages Petsamo
(s. Karte) an die Sowjetunion
ab. An Stelle von Hankoniemi wurde Porkkala (s.
Karte) auf 50 Jahre an die Sowjetunion verpachtet. Um dorthin zu gelangen,
gestattete man den sowjetischen Truppen freien Zutritt durch finnisches Gebiet.
Allein durch seine ständige Präsenz schränkte der nahe der
Hauptstadt gelegene Stützpunkt die innere Souveränität Finnlands
ein. Die Gebiete wurden im Laufe des Septembers abgetreten.