Seit den 60er Jahren schritt die Urbanisierung Finnlands mit
einer vorher nie dagewesenen Geschwindigkeit voran. Die nach dem Krieg geborenen
starken Jahrgänge wurden erwachsen, und auf dem Land gab es für
diese nicht mehr genügend Arbeitsmöglichkeiten. Die Tatsache, daß
zur selben Zeit der Staat den Bauern Entschädigungen für die Einschränkung
ihrer Produktion zahlte, war für viele Grund genug, in die Städte
abzuwandern. Die Urbanisierung zerstörte die tradi-tionellen sozialen
Netze. Familienverbände (s.
Kurztext), welche mehrere Generationen umfaßten, verschwanden von
der Bildfläche. Die südlichen Teile des Landes entwickelten sich
zum "reichen Finnland" (s.
Kurztext), während aus den anderen Landesteilen Entwicklungs-gebiete
wurden, deren rückläufige Entwicklung man durch spezielle Maßnahmen
zu stoppen versuchte: So wurden z.B. in den Entwicklungsgebieten staatliche
Unternehmen gegründet, auch unterstützte man dort ansässige
private Unternehmen durch staatliche Hilfe. Durch die Landflucht herrschte
in den Städen Südfinnlands eine große Wohnungsnot, die den
schnellen Bau von neuen Wohnungen notwendig machte - häufig auf Kosten
der Qualität.
Die Veränderung der Wirtschaftsstruktur (s.
Kurztext), d.h. der Rückgang der rohstofforientierten Produktion
und das gleichzeitige Wachstum des Veredelungssektors und besonders des Dienstleistungssektors,
fand in Finn-
land zu einem späteren Zeitpunkt (s.
Kurztext), dafür aber umso schneller als in den meisten anderen westlichen
Ländern statt. Das finnische Volk ging direkt von traditionellen Wirtschaftsformen
(s. Kurztext) zu Dienstleistungen
über.
Auch die Struktur der nicht werktätigen Bevölkerung änderte
sich merklich, wenn auch mit Verzögerung. Der Anteil von Studenten, Arbeitslosen
und Rentnern machte Anfang der 90er Jahre ca. 30% der Gesamtbevölkerung
aus. Der gegenwärtige Rückgang der Geburtenrate führt zu einer
Situation, daß außerordentlich kleine Jahrgänge (s.
Kurztext) als arbeitsfähige Jahrgänge für große Altersgruppen
die Rentenversorgung sichern müssen. Finnland muß sich auf diese
sogenannte "Rentenbombe" im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts
einstellen.
Die schnellen Umstrukturierungen von Wirtschaft und Gesellschaft führten zu
einer massiven Abwanderung. In Schweden gab es für die Finnen viele freie
Arbeitsplätze, so daß zwischen 1945 und 1980 ungefähr 500.000 Finnen in der
Hoffnung auf bessere Lebensumstände nach Schweden auswanderten. Nur 40% von
ihnen kehrten zurück. Der Höhepunkt der Abwanderung war Ende der 60er Jahre,
als die Bevölkerungszahl Finnlands zum ersten Mal seit den großen Hungerjahren,
die eine Folge der Mißernten in den 1860er Jahren waren und denen über 200.000
Finnen zum Opfer fielen, sank.