In einem Jahresbericht über die Sachlage in der Provinz
Vaasa machte Graf Gustav Piper 1750 auf die hohe Kindersterblichkeitsrate
in Ostbottnien aufmerksam. Er unterbreitete dem König den Vorschlag,
daß Mütter, die ihre Kinder nicht wenigstens sechs Monate stillten
und deren Kinder während dieser Zeit starben, eine Geldstrafe auferlegt
bekommen sollen. Der Vorschlag wurde zwar nicht umgesetzt, doch im Herbst
1752 erhielt das Collegium Medicum einen Brief vom König, in dem stand,
daß das einfache Volk überall in seinem Reich, besonders aber in
Finnland die Kinderpflege vernachlässige. 1776 wurde ein Buch über
richtige Kinderpflege veröffentlicht, dessen zentrales Thema die große
Bedeutung des Stillens war und die Gottlosigkeit all derer, die ihre Kinder
nicht stillen, sondern Ersatzmilch als Nahrung gaben. Dieser Aspekt wurde
auch von Pastoren in ihren Predigten aufgenommen.
In Ostbottnien war es für die Mütter völlig normal, daß
sie sofort nach dem Wochenbett wieder an die Arbeit gingen. Das Kind wurde
währenddessen aus einem Horn gefüttert, aus dem man ihm mit Zuckerwasser
verdünnte Kuhmilch als Muttermilchersatz gab. In dem armen Gebiet von
Kainuu (Nord-Savo) hingegen stillten die Mütter die Säuglinge. In
der Zeit von 1791-1805 beispielsweise lag die Säuglingssterblichkeit
in der Gemeinde Pietarsaari in Ostbottnien dreimal über der in Kainuu
(116 Promille).
Die eigentliche Absicht, die am Ende der schwedischen Zeit
hinter der amtlichen Kinderfürsorge steckte, ist schwer erkennbar, aber
natürlich benötigten die Generale Soldaten und die Großgrundbesitzer
Arbeitskräfte.Der Bezirksarzt Elias Lönnrot wollte mit seinem Buch
"Der Hausarzt der finnischen Bauern" (1838) die tiefsitzende fatalistische
Meinung "Gott gibt, Gott nimmt" ausrotten. Er war der Meinung, daß
ein großer Teil der Kinder wegen schlechter Ernährung, Kälte
und Schmutz sterben würde. Dies seien aber Umstände, die die Eltern
beeinflussen könnten, wenn sie wollten. Aus Gründen der Hygiene
schlug er anstelle der "Hornfütterung" die "Löffelfütterung"
vor. Desweiteren, daß die Milch, bevor sie den Säuglingen gegeben
wurde, abgekocht werden müsse.
1842 gab man eine Deklaration im Namen des Zaren bekannt, um die Kinderpflege
in Ostbottnien zu verbessern. Der Klerus sollte das gemeine Volk über
die Kinderpflege unterweisen. Die Mütter sollten für das Stillen
sensibilisiert werden. Auch die Beamten sollten für eine Verbesserung
der Kinderpflege tätig werden. Das Amt für Gesundheitswesen veröffentlichte
ein Handbuch zur Kinderpflege, das besonders in Ostbottnien verbreitet werden
sollte.