Die strategische Position Finnlands trat in den 30er Jahren,
nach der Machtergreifung Hitlers in Deutschland, und nachdem Japan 1931 einen
Angriff auf China gestartet hatte, immer stärker in den Vordergrund.
Sowohl die Bestrebungen der Sowjetunion, sich den Westmächten zu nähern,
als auch ihr Beitritt zum Völkerbund 1934 stellten sich in der angespannten
Situation als unzureichendes Gegengewicht gegen die deutsche Bedrohung heraus.
In den Beziehungen zwischen Finnland und der Sowjetunion stand die Frage nach
der Sicherheit Leningrads im Mittelpunkt. Bereits zur Zeit des Einmarsches
in das entmilitarisierte Rheinland 1936 warnte die Sowjetunion Finnland vor
einer Zusammen-arbeit mit Deutschland. Als 1937 Außenminister R.
Holsti Moskau einen offiziellen Besuch abstattete und Finnlands Status
als neutrales Land beteuerte, das jeden Eindringling als Feind betrachten
würde, setzte eine kurze Tauwetterperiode in den Beziehungen der Länder
ein.
Nachdem Hitler im März 1938 Österreich an Deutschland angeschlossen
hatte, nahm die Sowjetunion über den Zweiten Sekretär ihrer Botschaft
in Helsinki, Boris Jartsev,
Kontakt zum finnischen Außenminister auf. Jartsev erklärte, daß
die Sowjetunion die Deutschen auf finnischem Gebiet abwehren würde, falls
diese die Sowjetunion über finnisches Gebiet angreifen würden.
Für den Fall, daß die Finnen bereit wären,
mit der Sowjetunion zusammenzuarbeiten, würde die Sowjetunion jede Hilfestellung
leisten, um eine Invasion der Deutschen in Finnland zu verhindern. Außerdem
würde die Sowjetunion sofort nach Beendigung des Krieges ihre Truppen
aus Finnland abziehen.
Die finnische Führung nahm die Vorschläge von Jartsev aufgrund seiner
niedrigen Amtsstellung nicht ernst. Andererseits kannten die Finnen nicht
Stalins Art, direkte Außenpolitik an seiner eigenen Botschaft vorbei
zu betreiben. Außenminister Holsti versicherte die Neutrali-tät
Finnlands und betonte, daß man in Finnland nicht an den Ausbruch eines
Krieges glaube. Als Deutschland auf der Grundlage des Münchner Abkommens
das Sudeten-gebiet in der Tschechoslowakei besetzte, verstärkte die Sowjetunion
Jartsevs Bemühungen in Finnland im September 1938. Jartsev schlug ein
geheimes Militär-abkommen sowie die gemeinsame Befestigung der Insel
Suursaari vor, um Leningrad zu schützen. Die Verhand-lungen scheiterten
jedoch, und der neue Außenminister E.
Erkko brach die Kontakte zu Jartsev endgültig ab. Mannerheim
(s. Bild), der Oberbefehlshaber
der Streit-kräfte, riet der Regierung, den Vorschlag anzunehmen, aber
diese lehnte das vorgeschlagene Abkommen aus rechtlichen Gründen ab.