Stalin hatte seinen Angriff mit der Solidarität der Arbeiterklasse
begründet. Jedoch trafen die sowjetischen Truppen überall auf heftigen
Widerstand des geeinten finnischen Volkes. Obwohl seit dem Bürgerkrieg
erst 20 Jahre vergangen waren, stand die Linke Schulter an Schulter mit der
Rechten, um gemeinsam das Vaterland zu verteidigen. Für die extreme Linke
war der Molotow-Ribbentrop-Vertrag,
der am 22.8.1939 der Öffentlichkeit mitgeteilt wurde, ein Schock gewesen.
Des weiteren hatten sich Gerüchte über das Schicksal finnischer
Emigranten in der Sowjetunion Ende der 30er Jahre bestätigt, als man
die Ministerliste der Regierung von Kuusinen veröffentlichte.
Auf der anderen Seite war die Rechte von der zynischen Politik Deutschlands
erschüttert worden: Finnland war an die Bolschewiken verkauft und die
Bitten um Hilfe waren eiskalt abgelehnt worden.
Die nationale Einigkeit während des Winterkrieges ist einmalig in der
finnischen Geschichte. Die Politik der Regierung wurde nicht kritisiert, und
die Zusammen-gehörigkeit innerhalb der Gesellschaft erreichte ihren Höhepunkt.
Viele Zeitgenossen beschrieben diese Erfahrung als etwas Religiöses und
Heiliges.
Das abstrakte Zusammengehörigkeitsgefühl erhielt konkrete Inhalte,
als die gewerkschaftliche
Zentralorganisation der Arbeiter (SAK) und der Zentralverband
der Arbeitgeber (STK) Anfang 1940 gemeinsam eine Erklärung abgaben, die
den Namen "Januarverlobung" erhielt. Die beiden Parteien akzeptierten
sich als gleichberechtigte Verhandlungs-partner. Die Zeit der Streikbrecher
und der offenen Aggression in der Arbeitsmarktpolitik war vorbei, und die
Parteien setzten sich an einen Verhandlungstisch. Jetzt erlaubten auch die
Sozialdemokraten ihren Mitgliedern, dem Schutzkorps und der Lotta Svärd-Organisation
beizutreten.
Die Einigkeit erreichte während des Winterkrieges ihren Höhepunkt.
Sie nahm allerdings schon 1937 ihren Anfang, bei der sogenannten "Rot-Ocker
Regierung". Als Nachfolger des rechtsgerichteten Präsidenten Svinhufvud
wurde der gemäßigtere Kallio gewählt, der eine Beteiligung
der Sozialdemokraten an der Regierung akzeptierte. Zusammen mit der Agrarpartei
und der kleineren Nationalen Fortschrittspartei bildeten sie die "Rot-Ocker
Regierung". Als es Ende der 30er Jahre zu einer deutlichen Wachstumsperiode
im Wirtschaftsleben Finnlands kam, schien es sich für jeden Finnen ungeachtet
seiner gesellschaftlichen Position zu lohnen, dieses Land zu verteidigen.