Der Anfang des Jahres 1918 in Finnland ausgetragene blutige
Bürgerkrieg ist unter vielen verschiedenen Namen bekannt, von denen jeder
- abhängig vom Standpunkt - seine Berechtigung hat. Mit jeder Benennung
ist zudem ein stark emotionaler Aspekt verbunden.
Allgemein verwendet man für den Krieg die neutrale Benennung "Nationaler
Krieg". Sie bezeichnet einen Krieg zwischen finnischen Staatsangehörigen,
ohne daß sie Stellung bezieht hinsichtlich der Rolle irgendeiner Partei
für den Kriegsausbruch oder während des Kriegverlaufs.
Auch die Benennung "Bürgerkrieg" ist kein politischer Terminus.
Sie ist jedoch weiter gefaßt als die vorher-gehende Benennung. Wie allgemein
in Bürgerkriegen des 20. Jahrhunderts mischten sich auch Außenstehende
in den finnischen Bürgerkrieg ein: Die Deutschen kamen den Weißen
zu Hilfe und die Russen den Roten.
Die Seite der Roten verwendete für den Krieg die Benennung "Revolution",
welche in dem Sinne berechtigt ist, daß die Roten die gesetzliche Regierung
von der Macht vertrieben. Jedoch blieb die Revolution letztendlich ein "Aufruhr",
da die Roten den Krieg verloren.
Von den Linken wurde der Krieg auch als ein "Klassenkrieg"
dargestellt. Vor dem sozialen Hintergrund der Roten und der Weißen stellte
sich der Krieg in der Tat als ein Krieg zwischen Gesellschaftsklassen dar,
in dem sich Grundbesitzer und Arbeiterschaft gegenüber-standen.
Äußerst problematisch ist die von einigen Rechten immer noch gebrauchte
Benennung "Befreiungskrieg". Sie betrachten als Anfangspunkt des
Krieges die Entwaffnung der russischen Truppen (s.
Bild) und beschreiben den Krieg als eine Befreiung von den russischen
Soldaten, von denen es in Finnland noch ungefähr 40.000 gab. Nach ihrer
Meinung können die Kämpfe gegen die finnischen Roten als Bestandteil
des Befreiungskrieges betrachtet werden, weil ein Sieg der Roten eine Rückkehr
unter die Vorherrschaft Rußland bedeutet hätte.
In etlichen Fällen standen Mitglieder aus der gleichen Familie auf beiden
Seiten. Dies hat dem Krieg den sentimentalen Terminus "Bruderkrieg"
verliehen.