In Finnland und Ungarn fand eine wichtige geopolitische und
konstitutionelle Wende mitten in den revolutionären und konterrevolutionären
Ereignissen der Jahre 1917-1919 statt. Konservative Regierungen in Budapest
und Helsinki prägten die Zwischenkriegs-Periode, und beide Länder
standen während des Zweiten Weltkrieges an der Seite des nationalsozialistischen
Deutschlands. Die Entwicklung der beiden gerade unabhängig gewordenen
Staaten weist Ähnlichkeiten auf und beide Länder sahen sich vor
ähnliche Herausforderungen gestellt.
In beiden Ländern fanden Machtkämpfe zwischen "Weißen"
und "Roten" statt, die mit dem Sieg der "Weißen"
endeten. In Ungarn fielen dem "roten" Terror etwa 1700 Menschen
zum Opfer, diese Zahl wurde von den offiziellen, wenn auch illegalen Repressionsmaßnahmen
und dem unkontrollierten "weißen" Terror noch übertroffen.
In Finnland war der "weiße" Terror sogar noch weiter verbreitet.
In den Gefängnislagern starben 12500 Menschen, weitere 555 Todesstrafen
wurden von Sondergerichten verhängt. Es kam zwar in beiden Ländern
zu Begnadigungen, nicht aber zu einer juristischen und politischen Aufarbeitung
der Gewalttaten. In Finnland mußten die Kommunisten emigrieren, in Ungarn
wurden neben Kommunisten auch jüdische Intellektuelle und Anführer
bürgerlicher demokratischer Parteien gezwungen, das Land zu verlassen.
Beide Länder erhielten 1920 sehr unterschiedliche Friedensverträge.
Im Friedensvertrag von Tartu bekam Finnland neue Gebiete
und die Sowjetunion versprach die Gewährung von Autonomie für Karelien.
Ungarn verlor dagegen im Friedensvertrag von Trianon große Teile seines
Territoriums und seiner Bevölkerung, Trianon wurde als Gipfel der Ungerechtigkeit
angesehen. Die gegen die Nachbarstaaten gerichtete Revision des Friedensvertrages
wurde in Ungarn zu einem Hauptanliegen in der Zwischenkriegsperiode. Finnland
war dagegen bestrebt, seine Lage zu stabilisieren. Einerseits unterzeichnete
es 1932 einen Nichtangriffs-Pakt mit der Sowjetunion, andererseits wollte
es einen Gürtel antibolschewistischer Staaten schaffen, um eine nach
Westen gerichtete Expansion der Sowjetunion zu verhindern. Damit befanden
sich Finnland und Ungarn trotz gemeinsamer konservativer Haltung in der politischen
Arena Europas in sehr unterschiedlichen Positionen.
In Finnland war bis zum 17. Juli 1919 die alte schwedische Verfassung in Kraft;
die Russen hatten an der verfassungsmäßigen Ordnung nichts geändert.
Nach Erlangung der Unabhängigkeit gab es Überlegungen, als Staatsform
die Monarchie zu wählen. Nach Beendigung des Bürgerkrieges beschloß
aber das Parlament am 17. Juli 1919 die Einführung der Republik.