Angesichts der katastrophalen Situation war die Lösung
der wirtschaftlichen und sozialen Probleme von besonderer Dringlichkeit und
Schwierigkeit. Ungarn war wirtschaftlich völlig zusammengebrochen, im
wesentlichen aus drei Gründen: Es hatte sich eine Kriegswirtschaft mit
einseitigen Strukturen herausgebildet, die nun auch noch durch den Krieg zerstört
worden war; ferner hatte sich die ungarische Wirtschaft auf die Monarchie
als Absatzmarkt eingestellt, durch die Auflösung der Monarchie war dieser
Markt aber zusammengebrochen; und schließlich führte die Besetzung
großer Teile des ungarischen Territoriums durch Truppen der Nachbarstaaten
und der Entente zu einer Zerstückelung des ehemaligen Wirtschaftsorganismus
und damit zu einer Trennung der Rohstoffvorkommen von den Verarbeitungs- und
Verbraucherzentren. Die Folgen waren gravierend. Es herrschte ein eklatanter
Mangel an Rohstoffen für die Industrie, es gab kaum Kohle für die
Energieversorgung, der Eisenbahnverkehr war eingestellt, es herrschte ein
erheblicher Lebensmittelmangel.
Die hohe Arbeitslosenzahl wurde durch die Demobilisierung der Soldaten noch weiter vergrößert, zusätzlich mußte eine große Anzahl von Flüchtlingen aus den militärisch besetzten Gebieten versorgt werden. Es gab kein ausgearbeitetes Programm zur Bekämpfung dieser wirtschaftlichen Notsituation. Die wirtschafts- und sozialpolitischen Maßnahmen der Regierung stießen auf die gleiche Konstellation politischer Gegnerschaft wie die Demokratisierungsmaßnahmen. Einige der sozialpolitischen Maßnahmen waren von grundsätzlicher Bedeutung. Es wurde zum ersten Mal ein Arbeits- und Wohlfahrtsministerium eingerichtet, es wurden der Achtstundentag eingeführt, Kinderarbeit verboten und eine Invaliditäts- und Altersversicherung für die Arbeiter eingeführt. Aus der akuten Lage heraus bestand die sozialpolitische Hauptaufgabe in der Unterstützung und Versorgung der Arbeitslosen, der demobilisierten Soldaten und der Flüchtlinge. Diese Maßnahmen belasteten den Staatshaushalt in einem ungeheuren Ausmaß, gleichzeitig war die Unterstützung für das einzelne Individuum viel zu gering. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung nahm weiter zu, es kam verbreitet zu sozialen Unruhen.