Das Königreich Ungarn dagegen erlebte nach dem Ende des
1. Weltkrieges mehrere Staatsformen. Am 16. November 1918 wurde die Republik
und am 21. März 1919 die Räterepublik ausgerufen. Im August 1919
wurde die Monarchie wiederhergestellt; mangels Königsgeschlecht wurde
die Regentschaft durch den Reichsverweser Horthy ausgeübt, der bis zum
Oktober 1944 im Amt blieb.
Die ungarischen politischen Eliten waren äußerst konservativ und
verhielten sich ablehnend gegenüber einer Unterstützung durch das
Volk. Das Wahlrecht wurde erneut eingeschränkt und die Aktivitäten
linksgerichteter politischer Bewegungen behindert. In Finnland waren politische
Bewegungen vor dem Krieg viel stärker und profitierten vom allgemeinen,
auch die Frauen einschließenden Wahlrecht. Die Nachkriegsereignisse
schwächten hauptsächlich die Kommunisten, während die Sozialdemokraten
hingegen eine politische Hauptkraft blieben. Auf diese Weise herrschte in
der Republik Finnland eine gewisse Balance zwischen der Volksbeteiligung und
der konservativen politischen Elite. In Ungarn bedeutete die Monarchie eine
begrenzte Demokratie - die Wahlen waren öffentlich und nicht allgemein
- und für die Mehrheit der Bevölkerung war der Zugang zur politischen
Macht sehr erschwert.
Die Geschichte beider Länder in der Zwischenkriegszeit wurde jeweils
durch einen politischen Führer bestimmt,
dessen Name auch als Symbol für diese Periode gilt: Admiral
Horthy in Ungarn und Marschall Mannerheim in Finnland. Als hohe Offiziere
übernahmen beide eine wichtige politische Rolle während der revolutionären
Unruhen am Ende des Ersten Weltkrieges sowie während des Zweiten Weltkrieges.
Mannerheim war von 1918 bis Juli 1919 Reichsverweser, dankte dann ab und blieb
militärischer Führer, bis er 1944 zum Präsidenten gewählt
wurde. Horthy hingegen benutzte seine militärische Position, um 1920
Reichsverweser zu werden, und blieb es bis 1944. Das ungarische Staatsoberhaupt
war mit umfangreichen Vollmachten ausgestattet und hatte sogar das Recht,
seinen Nachfolger zu bestimmen. Im Vergleich dazu war das Präsidentenamt
in Finnland mit weniger Vollmachten ausgestattet.
Das politische System beider Länder kann als autoritär charakterisiert
werden. In Ungarn herrschte eine konservativ-reaktionäre Politik mit
dem Ziel, das alte politisch-gesellschaftliche System des Dualismus wiederherzustellen.
Das neue, "weiße" Finnland war konservativ-nationalistisch
und wollte eine neue, konservativ geprägte gesellschaftliche Ordnung
schaffen. Beide gesellschaftlich-politischen Systeme besaßen vergleichbare
Erscheinungen und Symbole.