Nachdem mit dem Tod András'
III. 1301 das Geschlecht der Árpáden
nunmehr endgültig ausgestorben war, meldeten mehrere Anwärter ihren
Anspruch auf den Thron an. Die eifrigsten unter allen waren die neapolitanischen
Anjous, die auch schon die Herrschaft von András III. nicht anerkannt
hatten und die Krone aufgrund der Ehe zwischen Maria, der Tochter Istváns
V. (1270-1272), und Karl II., dem neapolitanischen König, für
sich beanspruchten. 1300, noch zu Lebzeiten András' III., war deren
Sohn, der damals 12 Jahre alte Herzog Karl (Károly
Robert I.), in Dalmatien gelandet, um das Land, das nach seiner Ansicht
ihm gebührte, in Besitz zu nehmen. Nach dem Tod András' III. eilte
er nach Esztergom, wo er mit einer provisorischen Krone gekrönt wurde.
Wenn Karl dachte, er habe damit das Land vor vollendete Tatsachen gestellt,
hatte er sich bitter getäuscht. Denn im ungarischen politischen Denken
hatte sich bereits die Tradition verfestigt, wonach die Rechtmäßigkeit
der Krönung an drei Bedingungen geknüpft wurde: Der ungarische König
mußte vom Esztergomer Erzbischof gekrönt werden, die Krönung
mußte in der Basilika von Székesfehérvár stattfinden,
und sie mußte mit der als heilige Reliquie gepriesenen Krone (s.
Bild) erfolgen, mit der nach allgemeiner Auffassung einst der erste ungarische
König István d.Hl. gekrönt worden war. Die Krönung Karls
I. Robert (1301-1342) im Jahre 1301 hatte diese Bedingungen nicht
erfüllt und wurde deswegen von den Vornehmen, darunter
auch dem hohen Klerus, nicht anerkannt. Ihre Wahl fiel stattdessen auf den
böhmischen König Wenzel,
der aber nicht selbst kam, sondern seinen gleichnamigen Sohn, der in Ungarn
László genannt wurde, nach Ungarn schickte. László
(1301-1305) wurde in Székesfehérvár mit der heiligen
Krone gekrönt, jedoch vom Bischof von Kalocsa, so daß auch diese
Krönung nicht den Vorschriften der Tradition entsprach.
Das Land hatte also zwei Könige. Die faktische Macht konzentrierte sich
aber in den Händen der Barone, die in einigen Landesteilen wie richtige
Fürsten herrschten. Der mächtigste unter ihnen war der im westlichen
Teil Oberungarns (heutige Slowakei) herrschende Máté Csák.
Aber auch Amadé Aba im östlichen Teil Ober-ungarns, László
Kán in Siebenbürgen, Kopasz Borsa im östlichenTeil der Ungarischen
Tiefebene, Miklós und Henrik Kőszegi in Transdanubien, sowie die Familien
Frangepán und Babonivić in Kroatien verfügten über große
Einflußsphären. Die Oligarchen waren zwar nicht prinzipiell gegen
die Einheit des Landes, innerhalb ihres Herrschaftsbereiches jedoch wollten
sie ihre Ver-fügungsrechte uneingeschränkt ausüben. Sie erhoben
auch keinen Anspruch auf die Krone, ihnen war es durchaus recht, daß
ein König - und möglichst ein machtloser König - an der Spitze
des Landes steht.