Stephan (s.
Bild) bestieg den Thron 977, nach dem Sieg über seinen Verwandten
Koppány, der auch
Anspruch auf die Fürstenherrschaft erhoben hatte. Danach wurde seine
Herrschaft im westlichen Teil des Karpatenbeckens von niemandem mehr angezweifelt.
Im Osten jedoch gab es weiterhin Stammesorganisationen als potentielle Rivalen.
Die gesamte Herrschaft von Stephan stand unter dem Zeichen, die Selbständigkeit
dieser Stammesorganisationen zu brechen. Erstes Ziel war das Gebiet der Siebenbürger
"Gyulas": 1003 bezwang Stephan den Sohn des ehemals in Konstantinopel
getauften Gyula. Darauf
folgte die Einverleibung der anderen Stammesorganisationen teils mit Gewalt,
teils durch Verhandlungen. Als letztes wurde der Widerstand von Ajtony gebrochen,
der im südöstlichen Teil der Großen Tiefebene herrschte: Er
wurde um 1028 besiegt. Damit hatte Stephan das gesamte Karpatenbecken unter
seiner Herrschaft vereint und den politischen Rahmen geschaffen, der dann
beinahe tausend Jahre in diesem Teil Mitteleuropas bestand.
Ähnlich wie die "staatsgründenden" Herrscher anderer Völker
wurde Stephan aus der Reihe der nur einfach erfolgreichen Führer dadurch
herausgehoben, daß er nicht nur die Rolle des mächtigsten Stammesoberhauptes
anstrebte, sondern daß er ein von den Zeitgenossen anerkannter christlicher
Herrscher sein wollte und auch tatsächlich sein konnte.
Daß dies sein bewußt angestrebtes Ziel war, beweist
die Tatsache, daß er sich bereits vor dem Sieg über seine Gegner
zum König krönen ließ, und erst nach der Krönung, die
die internationale Anerkennung seiner Herrschaft bedeutete, die Vereinigung
des Karpatenbeckens vorantrieb.
Über die Krönung Stephans weiß man nur sehr wenig. Vermutlich
fand die Krönung am 25. Dezember 1000 oder am 1. Januar 1001 in Gran
(Esztergom) statt, möglicherweise mit der Krone (s.
Bild), die ihm von Kaiser Otto III. mit Einverständnis des Papstes
Sylvester II. geschenkt
wurde. Die symbolische Bedeutung der Krönung (s.
Bild 1, Bild 2, Bild
3, Bild 4) muß
auch schon den Zeitgenossen bewußt gewesen sein. Noch heute verbindet
das ungarische historische Bewußtsein mit eben diesem Ereignis die Gründung
des ungarischen christlichen europäischen Staates. In Wirklichkeit war
die Staatsgründung ein lang andauernder Prozeß, als dessen Ergebnis
eine Reihe von Institutionen ins Leben gerufen wurde, deren Mehrheit dem Ungarntum
früher fremd war.