Der Einfall der Mongolen spielte eine besondere Bedeutung in
der Geschichte der Árpádenzeit. Infolge der Politik András
II. hatte der allmähliche Zerfall der für die ersten beiden
Jahrhunderte des Königstums charakteristischen Strukturen begonnen. Das
Haupt-element dieses Prozesses war der Zusammenbruch der früher vorherrschenden
Organisation königlicher Güter. Dieses zog wichtige soziale Veränderungen
nach sich, wie z.B. den Übergang eines Teiles des königlichen Hofgesindes
in Privateigentum, die Herauskristallisierung der Rechte der königlichen
Servienten und die grundlegende Umgestaltung des Verhältnisses zwischen
dem Herrscher und den weltlichen Würdenträgern. In diesen Jahrzehnten
erschienen in Ungarn die ersten Städte mit einer Selbstverwaltung nach
westeuro-päischem Muster, deren Bewohner mit ihren typischen Privilegien
zur Vielfalt der Gesellschaft beitrugen. All diese Veränderungen wurden
als Folge des Mongolen-sturms derart beschleunigt, daß der Wiederaufbau
des Landes nicht mehr zu einer Wiederherstellung der Verhältnisse vor
der Katastrophe führte, sondern vielmehr neue Grundlagen schuf, auf deren
Basis die Entwicklung der folgenden Jahrhunderte des ungarischen Mittelalters
(s. Karte) beginnen konnte.
Béla
IV. wurde mit der Erkenntnis konfrontiert, daß es unmöglich
ist, die unbegrenzte Herrschermacht der frühen Árpáden
wiederherzustellen. Er ließ von seinen früheren Plänen ab
und konzentrierte sich darauf, die veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse
mit dem Funktionieren der königlichen Macht in ein Gleichgewicht zu bringen.
Dies ist ihm bei der schweren Aufgabe des Wiederaufbaus auch gelungen.
Um die Zerstörungen und die Entvölkerung ganzer Landstriche auszugleichen,
wurde die ungarische Siedlungspolitik (s.
Karte) wieder aufgenommen und intensiviert. Die schon länger östlich
der Karpaten lebenden Kumanen sowie die Jazygen wurden als Gruppen aufgenommen
und allmählich assimiliert. Nach Siebenbürgen wanderten Rumänen
aus den Gebieten südlich der Karpaten zu und stärkten die dort bereits
lebende Bevölkerungsgruppe. Im Norden weiteten vor allem die Slowaken,
Polen und Ruthenen ihr Siedlungsgebiet aus.