König Stephans
Sohn Imre, der sein Nachfolger
werden sollte und entsprechend auf dieses Amt vorbereitet worden war, kam
bei einem Jagdunfall ums Leben. Durch die Unsicherheit hinsichtlich der Thronfolge
geriet die Fortführung des Stephanschen Werkes in Gefahr. Der König
mißtraute den Verwandten der männlichen Linie und überging
sie deshalb. Vazul, Stephans
Vetter, lehnte sich gegen die Entscheidung auf und versuchte ein Attentat
gegen ihn. Das Attentat scheiterte, Vazul wurde geblendet und seine Söhne
aus dem Land verbannt. Stephans Entscheidung fiel letztendlich auf seinen
Neffen, den Sohn einer seiner Schwestern und des ehemaligen venezianischen
Dogen, auf Péter Orseolo.
Péter (1038-1041) konnte nach Stephans Tod 1038 ungehindert den Thron
besteigen und folgte in seinen Maßnahmen dem von seinem Onkel eingeschlagenen
Weg. Er gründete Kirchen, verabschiedete Gesetze und stellte Urkunden
aus, ließ Münzen prägen und trieb Steuern ein. Trotzdem wurde
aus ihm nicht der Vollender des Stephanschen Werkes. Dies lag am Wesenszug
seines Regierungsstils, nämlich an der erstaunlichen Unsensibilität
gegenüber den typisch ungarischen Verhältnissen. Stephans Erfolg
hatte daher gerührt, daß er die Balance zwischen Altem und Neuem
fand.
Neues bürgerte er in einer Form ein, die zwar nicht immer
leicht und reibungslos, doch letztendlich akzeptierbar und umsetzbar für
die damalige ungarische Gesellschaft und vor allem für die in politischen
Angelegenheiten führende Schicht war. Péter besaß diese
Fähigkeiten offenbar nicht, so daß es nicht überrascht, daß
er mit Stephans Witwe Gisela
genauso wie mit den Bischöfen und den säkularen Machtträgern
innerhalb weniger Jahre in schwere Konflikte geriet. 1041 wurde er vom Thron
gestürzt und flüchtete mit seiner Familie zum deutschen Kaiser Heinrich
III.
Es begann eine nahezu vier Jahrzehnte dauernde, von Kämpfen um die Thronfolge
beherrschte Krise der Monarchie (s.
András I., Béla
I., Géza I.,
Salamon). Trotz dieser Krise
konnte aber die heidnische Opposition, die immer wieder Aufstände anzettelte,
niedergeschlagen und auch der Separatismus der Stämme eingedämmt
werden. Auch die äußere Bedrohung durch die römisch-deutschen,
böhmischen, polnischen und byzantinischen Nachbarn sowie durch Einfälle
östlicher Steppenvölker konnte erfolgreich abgewehrt werden.