Da László
I. keinen Sohn hatte, wurde der Thron an seinen Neffen Kálmán
vererbt. König Kálmán (1095-1116), der ursprünglich
für eine geistliche Laufbahn bestimmt war und eine dementsprechende Erziehung
erhalten hatte - daher auch sein Beiname "Könyves" (der Bücherfreund)
-, erwies sich als würdiger Nachfolger Lászlós.
Die Regierungszeit Kálmáns wurde von den Bestrebungen seines
Bruders Álmos überschattet, die Krone zu erlangen. Die Fehde der
beiden Brüder nahm ein blutiges Ende. Der anfangs nachsichtige König
ließ schließlich seinen Bruder Álmos und dessen Sohn Béla
- damals noch im Kindesalter - blenden.
Kálmán war ein tatkräftiger, konzeptionell handelnder Herrscher.
Er setzte die legislative Arbeit seines Vorgängers fort; als Ergebnisse
konnte er eine Steuerreform, eine Reform des Heereswesens, die Umstrukturierung
der Rechtssprechung und einige Regelungen hinsichtlich des Besitzrechtes verzeichnen.
Mit der Stiftung der Diözese Nyitra (s.
Karte) wurde die ungarische Kirchenorganisation erweitert. Kálmán
gelang es auch, die Oberhoheit des Königtums Ungarn über Kroatien,
das zeitweise unabhängig geworden war, wiederherzustellen und sogar auf
einen Großteil Dalmatiens auszuweiten.
Der Sohn Kálmáns, István
II. (1116-1131), war ein erfolgloser Herrscher, blieb aber bis zu seinem
Lebensende auf dem Thron. Als István II. erfuhr, daß sich sein
Vetter, der geblendete Béla,
im Lande versteckte, rief er ihn zu sich und sicherte ihm
ein würdiges Leben. Nach seinem Tode bestieg der blinde Herzog Béla
den Thron; die tatsächliche Regierungsmacht übte jedoch seine serbische
Frau, Königin Ilona, aus. Béla II. (1131-1141) und Ilona ließen
zweimal ihre politischen Gegner abschlachten: Zunächst richteten sie
unter den Vornehmen, die im Verdacht standen, an der Blendung Bélas
teilgenommen zu haben, ein Blutbad an, später ließen sie die Anhänger
des Thronfolgers Boris, dessen Herkunft zweifelhaft war, niedermetzeln. Unter
der Herrschaft Bélas II. wurde auch Bosnien zum Ziel ungarischer Expansion.
Nach dem frühen Tod Bélas II. wurde sein minderjähriger Sohn
Géza II. (1141-1162)
König. Der heranwachsende Géza erwies sich als ein äußert
kampflustiger Herrscher. Innerhalb kurzer Zeit führte er sechs Feldzüge
gegen Rußland, in denen er einander befehdende Verwandte unterstützte,
auch scheute er nicht davor zurück, sich in innerdeutsche Angelegenheiten
einzumischen sowie die Serben bei ihrem Aufstand gegen Byzanz zu unterstützen.
Dieser außergewöhnliche Elan wurde jedoch durch zwei Umstände
gebremst. Auf der einen Seite wurde Géza von zwei starken Herrschern,
die an der Spitze der Nachbarstaaten standen, Einhalt geboten. Auf der anderen
Seite entflammte erneut eine Thronfehde, da Gézas jüngere Brüder,
László II.
und István, mit ausländischer Unterstützung versuchten, den
Thron zu besteigen. Letztlich scheiterten beide.