Nach dem Ende der Kuba-Krise
begann die Tauwetterperiode, in der Finnland und Ungarn damit beginnen konnten,
außenpolitisch einander näher zu kommen. Die Verbindungen der beiden
Staatschefs Kekkonen und Kádár zur sowjetischen Führung,
besonders zu Chruschtschow, entwickelten sich günstig, und für die
beiden Länder eröffneten sich neue Möglichkeiten zur internationalen
Zusammenarbeit. Die ungarische Frage, der Protest des Jahres 1956 über
die blutige Niederschlagung des Volksaufstandes, wurde von der Agenda der
UNO genommen. Generalsekretär U Thant besuchte Ungarn; im Jahre 1963
wurde die allgemeine Amnestie der wegen Beteiligung am Volksaufstand Verurteilten
verkündet. Kekkonen besuchte Estland und plante auch eine Reise nach
Ungarn, welches er als finnisches Verwandtschaftsland mochte. Er hatte sogar
versucht, die sowjetische Führung zu einer politischen Lösung des
Volksaufstandes zu bewegen.
Kekkonen war das erste nichtkommunistische Staatsoberhaupt, das nach dem Volksaufstand
in Ungarn zu Besuch war. Die Reise war mit einem Besuch in Jugoslawien in
der Zeit vom 12.05. - 15.05.1963 verbunden und galt als inoffiziell. Kekkonen
besuchte unter anderem die Pußta Hortobágy und übernachtete
im berühmten Casinohotel Arány Bika in Debrecen. Gesprächsthemen
waren die Erwärmung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern,
ihre
Beziehungen
zur UNO und die Stärkung der wirtschaftlichen Kontakte. Kekkonen erfuhr,
daß in Ungarn an die Stelle des inneren Terrors die ideologische Überzeugung
getreten sei, und daß Rákosis Slogan "Wer nicht mit uns
ist, ist gegen uns" ersetzt worden sei durch Kádárs "Wer
nicht gegen uns ist, ist mit uns".
Urho Kekkonen und sein Gefolge unternahmen, einer Einladung von Pál
Losonczi folgend, ihren nächsten, offiziellen Besuch in Ungarn in der
Zeit vom 26.09. - 01.10.1969. Er sprach auch mit János Kádár.
Die Gespräche fanden in freundschaftlicher Atmosphäre statt. Es
ging um die Darstellung der aktuellen Situation in Finnland und in Ungarn,
sowie um wichtige internationale Fragen. Beide Seiten waren mit der freundschaftlichen
Entwicklung zwischen Finnland und Ungarn zufrieden. Kekkonen und sein Gefolge
besuchten damals ein finnisch-ungarisches Gemeinschaftsprojekt, das Baugelände
der Feinpapierfabrik von Lábatlan. Auf der kulturellen Seite wurde
ein Geschenk beschert, indem das von Béla Vikar ins Ungarisch übersetzte
Kalevala als Bühnenstück inszeniert wurde.
Die Länder schlossen eine Vereinbarung über wirtschaftliche, industrielle
und technologische Zusammenarbeit ab.