Das Gebiet Finnlands war nur im geringen Umfang im Süden
besiedelt, ansonsten aber weitgehend menschenleer, insbesondere gab es kein
fremdes Ethnikum. Bei der Landnahme des Karpatenbeckens stießen die
Magyaren auf ein nur gering bevölkertes Gebiet. Die Bevölkerung
bestand aber aus verschiedenen Ethnien (Reste von Awaren, verschiedene slawische
Elemente) und wurde schnell assimiliert bzw. siedelte nur an peripheren Regionen.
In der Folgezeit wies Ungarn einerseits eine hohe Assimilationskraft von anderssprachigen
Gruppen auf, andererseits konnten als hospites (Gäste) ins Land geholte
Gruppen ihre Sprache bewahren. Durch Zuwanderung veränderte sich die
ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung Ungarns erheblich.
In Ungarn wie in Finnland spielte die Sicherung der Grenze bzw. die aktive
Ausdehnung des Siedlungsraumes eine wichtige Rolle. In Ungarn wurden vor allem
nicht-magyarische, sich sprachlich assimilierende Völker in den Grenzgebieten
zur Sicherung angesiedelt. In Finnland wurde das Siedlungsgebiet kontinuierlich
durch Brandrodung weiter in den Norden verschoben.
Die Gesellschaft Finnlands wies im Mittelalter eine große Stabilität
und Kontinuität hinsichtlich ihrer grundlegenden Struktur auf. Die ungarische
Gesellschaft dagegen erfuhr einen grundlegenden Strukturwandel.
Aus einer nach Stämmen und Sippen gegliederten seminomadischen
Gesellschaft wurde innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes eine ortsansässige,
Ackerbau und Viehzucht betreibende Gesellschaft.
In beiden Ländern kam es zur Ausbildung eines relativ analogen Systems
von Verwaltungsbezirken, den Komitaten (megye) in Ungarn und den Burgbezirken
(linnalään) in Finnland, an deren Spitze jeweils vom König
ernannte Ispane bzw. Burgherren standen. In Finnland nahm das Volk an einer
traditionell herausgebildeten örtlichen Selbstverwaltung und Gerichtsbarkeit
teil, während dies in Ungarn unbekannt war. Parallel zur Herausbildung
der Herrschaftsorganisation kam es auch zur Ausbildung einer territorialen
Kirchenorganisation mit der Gründung von Bistümern.
In beiden Ländern bildete sich ein Adel heraus, dessen Angehörigen
persönliche Privilegien, insbesondere Steuerfreiheit genossen, und dafür
im Gegenzug bestimmte Dienste, insbesondere Kriegsdienste als Reiter, leisten
mußten. Das Addelsprivileg war zunächst nicht vererblich, sondern
wurde jeweils wieder neu vom König erteilt. Geistlichkeit und Bürgertum
genossen gewisse Privilegien als Stand, das Bauerntum war hiervon in beiden
Ländern ausgeschlossen.