Weder der aktive Widerstand noch die an den Zaren gerichteten
Adressen beendeten die Unterdrückungs-politik. Dies geschah erst durch
die Niederlage Rußlands im Krieg gegen Japan 1904-1905 sowie durch die
während des Krieges im Land ausbrechenden Unruhen. Sie mündeten
im Oktober 1905 in einen Generalstreik (s.
Bild), welcher den Zaren zwang, sich den Forderungen der Opposition zu
beugen und eine Konstitution für Rußland zu genehmigen.
Der Streik breitete sich auch nach Finnland aus. An ihm nahmen fast alle gesellschaftlichen
Kreise teil, allen voran die sozialdemokratische Arbeiterklasse. Der Streik
legte das ganze Land lahm, wobei die Unterbrechung des Verkehrs eine Verlegung
der russischen Truppen verhinderte. Nachdem auch die Polizei in den Streik
getreten war, wurden im Land zivile Ordnungskräfte aufgestellt.
Unter den Finnen herrschte zu Beginn des Streiks große Einmütigkeit,
aber bald trennten sich die Ziele der Arbeiter und des Bürgertums hinsichtlich
des Endzieles des Streiks sowie seiner Mittel. Übereinstimmung herrschte
nur darüber, daß die Russifizierungs-maßnahmen beendet werden
mußten. Auch die Ordnungskräfte spalteten sich in bürgerliche
Schutzgarden und Garden der Arbeiter. Beide Gruppen prallten in Helsinki aufeinander.
Eine direkte Auseinandersetzung
wurde aber vermieden, indem die Arbeiter sich zurückzogen. Später,
1917, als ein Zusammenstoß der gesellschaftlichen Gruppen nicht mehr
vermieden werden konnte, wurden wieder Garden gegründet.
Letzten Endes war der Zar gezwungen, nachzugeben und das Novembermanifest
zu erlassen, in dem alle Russifizierungsmaßnahmen für beendet erklärt
wurden, man außerdem die staatsbürgerlichen Rechte garantierte
und einen außerordentlichen Landtag einberief, um eine Reform der Volksvertretung
vorzubereiten, was eine zentrale Forderung der Sozialdemokraten gewesen war.
Zum ersten Mal in der Geschichte Finnlands hatte die Arbeiterschaft den Verlauf
der Ereignisse entscheidend beeinflußt. Der Generalstreik aktivierte
die Arbeiter-organisationen, und die Mitgliederzahl der Sozialdemo-kratischen
Partei vervielfachte sich in wenigen Jahren. In Relation zur Einwohnerzahl
war die Sozialdemokratische Partei in Finnland Anfang des Jahrhunderts die
größte in Europa.