Nach den Unruhen des Jahres 1905 war es der russischen Regierung
in ein paar Jahren gelungen, Ruhe und Ordnung wiederherzustellen. Die Opposition
wurde zum Schweigen gebracht, indem man die Duma auflöste und die Macht
der Volksvertreter einschränkte. In Finnland setzte die Russifizierung
1908 wieder ein. Die russischen Verwaltungsorgane erhielten das Recht, alle
Finnland bezüglichen Angelegenheiten zu kontrollieren, bevor diese dem
Zaren vorgetragen wurden. So wurde der Weg der autonomen Gesetzgebung umgangen.
Einige Jahre später wurde ein Gesetz erlassen, welches besagte, daß
die Duma alle sogenannten Reichsgesetze erlassen würde. Zum neuen Generalgouverneur
wurde 1909 F. Seyn ernannt,
welcher die von Bobrikov
begonnene Politik fortsetzte.
1912 (s. Kolehmainen, Bild)
gestand das "Gleich-berechtigungsgesetz" den Russen das Recht zu,
Ämter in Finnland zu bekleiden. Der Senat wurde russifiziert. Unter anderem
wurden die Ämter der Gouverneure mit Russen besetzt. Die staatsbürgerlichen
Rechte wurden wieder durch Verbannung und Festnahme einge-schränkt. Im
Jahre 1914 wurde ein weitreichendes Russifizierungs-programm veröffentlicht,
welches jedoch durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs nicht mehr verwirklicht
werden konnte. (s. Video) Gemäß
dem Programm sollte die finnische Staatsbürgerschaft vollständig
abgeschafft werden.
Nachdem der Weltkrieg ausgebrochen war, wurde in Finnland
der Kriegszustand (s. Bild)
ausgerufen, was eine straffe Beschränkung der staatsbürgerlichen
Rechte und eine Verschärfung der Zensur bedeutete. Alle politischen und
gesellschaftlichen Aktivitäten kamen zum Erliegen, auch trat das Parlament
während des Krieges nicht zusammen, obwohl 1916 die gesetzlich vorge-schriebenen
Wahlen abgehalten wurden. In den Wahlen erhielten die Sozialdemokraten mit
103 von 200 Sitzen die absolute Mehrheit im Parlament.
Hoffnungen, daß der Ausbruch des Krieges zu einem Ende der Unterdrückung
führen könnte, erwiesen sich als falsch, so daß im Land der
aktive Widerstand zu erstarken begann. Anfangs wurde die Forderung nach vollständiger
Loslösung von der russischen Herrschaft von den Studenten unterstützt,
später auch von anderen Kreisen. Nachdem Schweden es abgelehnt hatte,
sich freiwillig meldende Finnen militärisch auszubilden, wandten sich
diese an Deutschland, den Gegner Rußlands. Anfangs versprach Deutschland,
200 Finnen eine militärische Ausbildung (s.
Karte) zu erteilen. Das Projekt wurde als Patrouillelager getarnt, aber
bald traten die Freiwilligen in Uniform auf. Am Ende wurde die Truppe an die
Front (s. Karte), in die Rigaer
Bucht, gebracht, um Kriegserfahrung zu sammeln.