Die Reform des Haupterwerbszweigs Finnlands, der Landwirtschaft,
setzte erst in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts, nach den großen
Hungerjahren, ein. Bis dahin war der Getreideanbau (s.
Bild) die Haupt-produktionsrichtung. Die Mißernten der Jahre 1867-1868
zeigten endgültig die Gefahren des traditionellen Getreideanbaus auf:
Über 100.000 Finnen starben durch Hunger geschwächt.
Als sich herausstellte, daß der Getreideanbau unrentabel war, vergrößerten
die Großbauern die Anzahl des Viehs. In Ostfinnland war die Änderung
schon Anfang des Jahrhunderts vonstatten gegangen, als geeignete Wälder
für die Brandrodung fehlten, und das aus Rußland gelieferte Getreide
nach der Aufhebung des Importzolls 1864 billiger geworden war.
Die Produktionsänderung verursachte zwar Kosten, aber man verkraftete
sie verhältnismäßig gut, weil durch die Holzwirtschaft auch
in die Provinzen Geld floß. Nun war man in der Lage, Landwirtschaftsmaschinen
und Düngemittel anzuschaffen, was die Produktivität steigerte und
ermöglichte, einen Teil der Felder dazu zu verwenden, Viehfutter zu erzeugen.
Die Änderung der Produktionsrichtung bedeutete zugleich aber auch eine
Verschärfung der sozialen Unterschiede zwischen den Landbesitzern und
der landlosen Bevölkerung.
Die traditionelle Landwirtschaft benötigte reichlich
Arbeitskraft, welche neben Mägden und Knechten durch Kätner, Häusler
und sogenannte Einlieger befriedigt wurde. Diese Personen, welche Anfang des
20. Jahrhunderts ungefähr 65% der gesamten ländlichen Bevölkerung
ausmachten, besaßen kein Land, das sie hätten bestellen können.
Als der Wert der Wälder stieg, ging die Zahl neu errichteter Katen zurück.
Außerdem begrenzten die Großbauern die Nutzung der Wälder.
Durch die Mechanisierung verringerte sich der Bedarf an Arbeits-kräften,
und die Lebensbedingungen der landlosen Bevölkerung (s.
Bild, Karte)verschlechterten
sich in dem Maße, wie sich die Lage der Großbauern verbesserte.
Die Kündigung der Kätnerpachtverträge war einfach, weil die
Verträge im allgemeinen mündlich geschlossen worden waren. Die permanent
drohende Gefahr der Kündigung und die Verschlechterung der Lebensum-stände
führten dazu, daß die Kätner ihre Rechte teilweise sogar mit
Hilfe von Streiks verteidigten. Allerdings half ihnen dieses nicht, da das
Gesetz auf Seiten der Großbauern stand, denen bei Bedarf auch die Staatsmacht
zu Hilfe kam.