Der Senat setzte ein aus allen Parteien zusammen-gesetztes
Komitee ein, das eine neue Landtagsordnung und ein neues Wahlgesetz vorbereiten
sollte. Die Arbeiterschaft organisierte Kundgebungen und drohte mit einem
neuen Generalstreik, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt würden.
Schließlich genehmigten die Stände die Reformen in der von der
Arbeiterschaft geforderten Form. Der Zar bestätigte sie im Juli 1906.
In Finnland wurde der völlig veraltete Vier-Stände-Landtag durch
die fortschrittlichste Volksvertretung der Welt ersetzt. Die Volksvertretung
bestand aus einer Kammer, und ihre 200 Vertreter wurden in direkten Wahlen
gewählt. Auch die Frauen erhielten das Stimmrecht, außerdem viele
Männer, die vorher kein Wahlrecht besaßen, wie z.B. die früher
außerhalb der Stände stehende ländliche Bevölkerung ohne
Grundbesitz und die Industriearbeiter.
Die Reform der Volksvertretung brachte auch die heutigen politischen Parteien Finnlands hervor. Die früheren Parteien, die sich über die Stellung zur Sprachenfrage definiert hatten, wurden durch dauer-hafte Organisationen ersetzt, die sich hinsichtlich ihrer politischen Programme unterschieden. Die Trennlinien zwischen den Parteien verliefen zwischen Finnisch-Nationalen und Schweden, zwischen Anpassungspolitik und Beharren auf der Konstitutionalität, zwischen bürgerlicher und sozialistischer Weltanschauung. Bei den ersten Wahlen 1907 (s. Bild) erhielten die Sozialdemo-kraten 80 Sitze. Die schwedische Partei büßte ihre Stellung ein und erhielt nur 24 Sitze. Die Nachfolger der Sprachparteien, die Jung- und Altfinnen sowie die Agrarierpartei bekamen zusammen 94 Sitze und die christliche Arbeiterpartei zwei.