In der Vereinbarung des Nationalen Rundtisches (s.
Bild 1, Bild 2) vom
18. September 1989 waren der Fahrplan für den Systemwechsel und die Grundelemente
des neuen politischen Systems festgelegt worden. Damit lag eine demokratisch-rechtsstaatliche
Verfassungsstruktur ausgearbeitet vor, die dann mit politischem Leben erfüllt
werden konnte.
Das Parlament verabschiedete am 23.10.1989 - symbolhaft am Jahrestag der Revolution
von 1956 - eine modifizierte, das Prinzip der Gewaltenteilung ver-ankernde
Verfassung Ungarns; der Parlaments-präsident (s.
Szüros, M.; Bild)
rief die Republik Ungarn aus. Zwei wichtige Änderungen der Verfassung
betrafen die Einführung des Amtes eines Staatspräsidenten und -
als ein neues Verfassungsorgan - die Errichtung eines Verfassungsgerichts.
Wenige Tage später, am 30.10.1989, verabschiedete das Parlament verein-barungsgemäß
ein Parteiengesetz, mit dem alle bereits bestehenden Parteien legalisiert
wurden, und ein Wahlgesetz.
In der Diskussion über den Wahlmodus des Staats-präsidenten zeigte
sich zum ersten Mal ein tiefer Riß in der im Sommer 1989 noch relativ
einheitlich aufgetretenen Oppositionsbewegung (s.
Bild).
In einer Volksabstimmung am 26.11.1989 wurde schließlich
mit knapper Mehrheit entschieden, den Präsidenten nicht durch eine Direktwahl
noch vor den Parlamentswahlen - sie wäre aller Wahrscheinlichkeit nach
für den Reformpolitiker Imre
Pozsgay (s. Bild)
erfolgreich verlaufen - wählen zu lassen, sondern erst durch das neue
Parlament.
Das neu geschaffene politische System mit seinen abgewogenen institutionellen
Regelungen und seiner klaren Gewaltenteilung wies eine relativ hohe Stabilität
auf. Als Elemente von besonderer Bedeutung erwiesen sich das Parlament, das
Verfassungsgericht und der Staatspräsident.
Trotz häufigen Mißbrauchs für parteipolitische und egozentrische
Auftritte einzelner Politiker betrieb das Parlament (s.
Bild) eine äußerst intensive Sitzungs-, Ausschuß- und
Gesetzgebungstätigkeit. Hierdurch gelang es innerhalb kurzer Zeit, den
Übergang zu einer bürgerlich-demokratischen Rechtsordnung weitest-gehend
zu schaffen.