Die Ergebnisse der Wahl 1994 (s. Karte) stellten die bisherigen Mehrheitsverhältnisse auf den Kopf. Die früheren Oppositionsparteien MSZP und ihr Koalitions-partner SZDSZ erhielten 54,2 bzw. 18,1% der Abgeordneten-sitze, während das MDF auf 9,6% und die FKgP auf 6,7% abrutschte. Die anderen Parteien konnten ihre Anteile in etwa halten. Obgleich die MSZP die absolute Mehrheit erreicht hatte, bildete sie eine Koalition (s. Bild) mit dem SZDSZ, der dieses Angebot nach langwierigen innerparteilichen Auseinander-setzungen annahm. Schließlich hatten viele führende MSZP-Politiker auch zur politischen Führung der früheren MSZMP gehört, die man als Oppositionsbewegung heftig bekämpft hatte. Es überwog aber die Einsicht, daß es zwischen beiden Parteien Übereinstimmung in zahlreichen Politikfeldern gab, die eine stabile und dynamische Regierungstätigkeit versprach. So z.B. in der Außenpolitik mit den Zielen der europäischen Integration, der NATO-Mitgliedschaft und der grundsätz-lichen Ordnung der Beziehungen zu den Nachbar-staaten, in dem Streben nach einer stärkeren Trennung von Staat und Kirche, in der Beurteilung der Modernisierungsleistungen der Reformsozialisten und gleichzeitigen Geringschätzung der Leistungen der Antall/Boross-Regierung.
Hieran anknüpfend verband die beiden Parteien eine Übereinstimmung
vor allem in den grundsätzlichen Zielen der Wirtschaftspolitik. Der Regierungswechsel
selbst wurde völlig reibungslos vollzogen, was als ein wichtiger Indikator
für die bereits erzielte Stabilität des politischen Systems gewertet
werden kann.
Die Koalition von MSZP und SZDSZ war mit vielen - auch internationalen - Vorschußlorbeeren
versehen, und es bestanden große Hoffnungen, daß sie auf Grund
ihrer höheren Sachkompetenz in der Lage sein würde, die wirtschaftliche
Transformation mit einer besseren Sozialverträglichkeit fortzuführen.
Dennoch scheiterte die Regierung unter Ministerpräsident Gyula
Horn. Die Gründe hierfür sind vielfältig.Unter den langfristig
wirkenden Gründen muß an erster Stelle genannt werden, daß
es der Horn-Regierung nicht gelang, der Öffentlichkeit die Notwendigkeit
der makroökonomisch unbedingt erforderlichen Maßnahmen zur Konsolidierung
des Staatshaushaltes klar zu machen und den Zusammenhang dieser Maßnahmen
mit den jeden Menschen unmittelbar berührenden Folgen nachvollziehbar
herzustellen.