Bei den im Mai 1998 durchgeführten dritten freien Wahlen
(s. Karte) verloren die beiden
Parteien der bisherigen Regierungskoalition ihre große Mehrheit und
rutschten auf 34,7% (MSZP) bzw. 6,2% (SZDSZ). Den Sieg errang der FIDESZ (s.
Bild), der sich mittlerweile von einer radikal-liberalen Partei der jungen
Generation zu einer konservativ-liberalen bürgerlichen Partei entwickelt
hatte, mit 38,1% der Sitze. Er bildete zusammen mit dem MDF (4,6%) und der
FKgP (12,4%) eine Koalition. Zum ersten Mal schaffte auch eine offen antisemitische
und rechtsextreme Partei, die MIÉP des Schriftstellers István
Csurka (s. Bild),
den Sprung ins Parlament.
Das Regierungsprogramm des 38-jährigen Vorsitzenden des FIDESZ, Viktor
Orbán, zählte zu seinen Haupt-punkten die Schaffung neuer
Arbeitsplätze, die Verbesserung der öffentlichen Sicherheit, die
Erneuerung der Ausbildungsförderung, den erfolgreichen Abschluß
der euro-atlantischen Integration und die Unterstützung der magyarischen
Minderheiten in den Nachbarstaaten.
Im Gegensatz zu der relativ erfolgreichen Außen- und
Wirtschaftspolitik der Orbán-Regierung steht ein großes Maß
an innenpolitischer Zerstrittenheit, das im Verlauf der Legislaturperiode
immer größeren Einfluß auf ganze gesellschaftliche Kreise
ausübte. Es kam zu einer zunehmenden Emotionalisierung und Polarisierung
in der Politik. Die Gründe für diese Zuspitzung der Gegensätzlichkeiten
lagen weniger in den politischen Inhalten als vielmehr im aggressiven politischen
Stil des FIDESZ. Mit seiner Mehrheit behinderte er die parlamentarische Arbeit
der Opposition und etablierte zugleich eine auf die Parteispitze hin ausgerichtete,
zentralisierte Struktur. Ebenfalls auf erhebliche Kritik stieß die Politik
des FIDESZ hinsichtlich der Besetzung der Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen
Medien und des politischen Einflusses auf die Berichterstattung von Rundfunk
und Fernsehen. Dies alles führte zwar nicht zu einer Gefährdung
der Demokratie und ihrer Institutionen, fügte jedoch der politischen
Kultur Schaden zu.