Bei den Präsidentschaftswahlen 1994 (s.
Väyrynen) ging man in Finnland von einem Wahlmännersystem zu
einer direkten Wahl durch das Volk über. Gleichzeitig wurde die Amtszeit
des Präsidenten (s. Bild)
auf zwei Perioden beschränkt. Der erste, in zwei Wahlgängen direkt
vom Volk gewählte Präsident war der Sozialdemokrat Martti
Ahtisaari, der Koivisto
im Amt nachfolgte. Ahtisaari betonte zwar die herausgehobene Stellung des
Präsidenten, war aber gleichzeitig bestrebt, sich in seiner Amtsführung
direkt auf das Volk zu stützen. Aus diesem Grund reiste er viel in Finnland
herum und besuchte seine Landsleute. Ahtisaari ließ sich nicht für
eine zweite Amtszeit aufstellen, sondern entschied sich, im Rahmen der UNO
internationale Aufgaben wahrzunehmen.
Nach Ahtisaari wurde Tarja Halonen zur ersten Präsidentin (s.
Bild) Finnlands gewählt. Bei den Parlamentswahlen 1991 (s.
Kurztext) wurden 77 Frauen ins Parlament gewählt, was gemessen an
der Gesamt-zahl der Sitze der höchste Anteil weltweit war. Die Zahl der
weiblichen Parlamentsabgeordneten ging bei den nächsten Wahlen jedoch
um zehn zurück.
Die inländische Depression und das Ende des Kalten Krieges zersplitterte
auch das finnische Parteien-spektrum: So stellten 1995 ungefähr 30 Gruppierungen
Kandidaten zu den Parlamentswahlen (s.
Kurztext) auf, allerdings war nur ein Teil dieser Gruppierungen als Partei
registriert.
Dennoch gewannen die traditionellen politischen Gruppierungen
die Wahlen, wobei der größte Sieger die SDP war.
Paavo Lipponen, Vorsitzender
der SDP, bildete die Regierung, wobei er sich der volkswirtschaftlichen Situation
völlig bewußt war. Das Regierungsprogramm zielte deswegen darauf
ab, bei öffentlichen Ausgaben ungefähr 15 Milliarden Mark einzusparen
und die Arbeits-losigkeit zu verringern. Besonders hart von diesen Einsparungen
waren Familien mit Kindern, Rentner und Bauern betroffen. Grundsätzliches
Ziel war es, den finnischen Wohlfahrtsstaat in der Weise umzugestalten, daß
er sich aus eigener Kraft finanzieren konnte.
Lipponen bildete auch die nächste Regierung. Das Besondere dabei war,
daß zusätzlich zur SDP auch die Nationale
Sammlung und der Linksbund
an ihr beteiligt waren. Aus diesem Grund sprach man von der Regen-bogenregierung.
Auch der Verband der Grünen wurde - als erste Umweltpartei in Europa
- in die Regierungs-verantwortung miteinbezogen. Unter Ministerpräsident
Lipponen begann es mit der Wirtschaft wieder bergauf zu gehen. Die öffentliche
Verwaltung war Gegenstand großer Veränderungen: Provinzen wurden
zusammenge-legt und Verwaltungsorgane auf verschiedenen Ebenen reformiert.
Eine besonders kontroverse Diskussion wurde über Finnlands mögliche
NATO-Mitgliedschaft geführt.