Die Rolle Ungarns als Lieferant landwirtschaftlicher Produkte
hatte zur Folge, daß eine Entwicklung des Gewerbes in Ungarn mit großer
zeitlicher Verzögerung stattfand und sehr viel langsamer ablief. Zu dieser
langsamen Entwicklung trug auch mit bei, daß der früher prosperierende
Edel- und Buntmetallbergbau (s.
Bild) teilweise seine Konkurrenzfähigkeit und damit an Bedeutung
verloren hatte. Wichtiger noch war aber die Tatsache, daß nur sehr wenige
Angehörige des vermögenden Adels bereit waren, sich außerhalb
des Agrarbereiches mit merkantilistischen Ideen und Aktivitäten zu beschäftigen
und Kapital in den Aufbau von Manufakturen zu investieren. Und der Herausbildung
eines städtischen Gewerbes stand das weitgehende Fehlen eines städtischen
Bürgertums entgegen. Nach einigen wenigen punktuellen Ansätzen kam
es erst zu Zeiten Joseph II.
zur Herausbildung von Manufakturen mit Zentren in Pressburg sowie in Pest
und Buda. Diese Ansätze reichten aber nicht aus, die Rückständigkeit
des einheimischen Gewerbes zu beseitigen.
Das Handwerk war in seiner Funktion auf die Versorgung der Landwirtschaft
eingerichtet und versah lediglich den engen lokalen Markt mit gewerblichen
Produkten.
Der Binnenhandel in Ungarn beschränkte sich weiterhin auf den traditionellen Warenaustausch zwischen den gebirgigen Landesteilen und den Tiefebenen. Und auch der Außenhandel Ungarns war weiterhin durch die altbekannte Struktur gekennzeichnet: Export von Agrarprodukten (Rindvieh, Wein, Getreide), Import von Industrieprodukten, insbesondere Textilien. Im Gegensatz zu früher wurde jetzt aber der größte Teil des Außenhandels nicht mehr mit den westeuropäischen Staaten, sondern mit den habsburgischen Erbländern abgewickelt. Hierbei spielte die Donau eine wichtige Rolle als Wasserstraße. Außen- wie Binnenhandel wurden im 18. Jahrhundert lange Zeit durch den mangelnden Ausbau von Transportwegen behindert. Erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, in der Zeit des aufgeklärten Absolutismus, wurden die ersten Maßnahmen (s. Karte 1, Karte 2) zur Kartierung und Regulierung von Flüssen und zum Ausbau des Wegenetzes unternommen.