Dies trug dazu bei, die finnische Industrie modernisieren und
ihre Leistungsfähigkeit und Profitabilität steigern zu können.
Arbeitskräfte waren vorhanden und billig. Dagegen hatte Ungarn durch
die Grenzziehung den größten Teil seiner Rohstoffvorkommen verloren.
Die Industrie erfuhr deshalb einen strukturellen Wandel. Auf der Basis von
Agrarexporten entwickelte die ungarische Wirtschaft vor allem in den 1930er
Jahren eine bevorzugte Verbindung mit dem deutschen Markt. Mit der Herausbildung
der Kriegswirtschaft geriet Ungarn in eine stärker werdende ökonomische
Abhängigkeit vom Deutschen Reich.
In beiden Ländern war ein großer Teil der Landbevölkerung
verarmt und ohne Landbesitz. Die Handhabung des Problems geschah jedoch unterschiedlich.
In Finnland wurde nach der Lex Kallio Land neu verteilt, und Kredite halfen
den Bauern beim Aufbau effizienter Höfe. Der Klassenkonflikt war nicht
so stark ausgeprägt und wurde noch durch gute schulische Versorgung entschärft.
In Ungarn wurde das Problem trotz mehrerer Bodenreformen nicht gelöst.
Die Bodenreform der Károlyi-Regierung konnte nicht mehr durchgeführt
werden, lediglich Graf Károlyi selbst verteilte seinen Besitz, in der
Räterepublik wurden die Großgrundbesitze verstaatlicht aber nicht
verteilt, und die Bodenreform der Bethlen-Regierung hatte nur "kosmetischen"
Charakter.
Vor dem 1. Weltkrieg war die Bevölkerung Ungarns zum
großen Teil aus nationalen Minderheiten zusammengesetzt, die bis auf
wenige Ausnahmen gegenüber den Magyaren unterprivilegiert waren. In Finnland
dagegen besaß die Minderheit der Schweden soziale Privilegien, war überrepräsentiert
an Universitäten und auch in der Verfassung gegenüber Finnen bevorzugt.
Viele dieser sozialen Privilegien bestanden auch noch in der Republik. Allerdings
waren die Grenzlinien zwischen Eliten und Volk nicht nur durch ethnische Zugehörigkeiten
festgelegt. Die Schweden hatten zwar eine wirtschaftlich starke Position,
aber das Kapital lag überwiegend in finnischen Händen, was zu einer
gewissen Balance führte. In Ungarn betraf die Minderheitenfrage in der
Zwischenkriegszeit nur 10% der Bevölkerung. Das Kapital und das finanzwirtschaftliche
und juristische Know-how lag zum großen Teil in jüdischer Hand.
Anstatt eine Politik zu betreiben, die auch nicht-ungarischen Gruppen den
Zugang zu den Eliten eröffnet hätte, versuchte Ungarn relativ vergeblich,
ein magyarisches Bürgertum zu schaffen. Dies geschah auch auf dem Wege
einer antisemitischen Gesetzgebung, mit deren Hilfe das jüdische Bürgertum
teilweise aus seinen Positionen verdrängt wurde.