Aus deutscher Sicht war deshalb der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen
das entscheidende Instrument zur Erreichung des politischen Ziels, Ungarn
in einen unter deutscher Führung stehenden ökonomisch-politischen
Hegemonialraum einzubeziehen. Die ungarische Position im Verhältnis zu
Deutschland wurde dagegen ganz wesentlich durch die Forderung nach Revision
der Grenzen geprägt. Aus ungarischer Sicht war der Revisionismus der
Hintergrund, vor dem die gesamte ungarische Außenpolitik und auch die
deutsch-ungarischen Wirtschaftsbeziehungen zu sehen waren. Unterschiedlicher
hätten die Zielsetzungen der beiden Partner und das Interesse am jeweils
anderen kaum sein können.
Dennoch schien Deutschland der "natürliche" Bundes-genosse
für Ungarn in der Frage der Revision zu sein. Aber es war natürlich
eine Illusion zu glauben, daß Deutschland bereit sei, unabhängig
von seinen eigenen Machtinteressen Ungarn zu unterstützen. Dies wurde
schon im März bzw. Juni 1933 deutlich, als Ex-Premier Bethlen
und dann auch Gömbös
Hitler besuchten und die Konzeption der deutsch-italienisch ungarischen Zusammenarbeit
sowie die ungarischen Revisionsziele erläuterten. Dieses Gespräch
endete für Gömbös mit einer herben Enttäuschung. Hitler
war bereit, nur die gegen die Tschechoslowakei gerichteten ungarischen Revisionsbestrebungen
zu unterstützen, nicht aber die gegen Jugoslawien und Rumänien.
Denn Deutschland hatte auf Grund der dort vorhandenen Bodenschätze an diesen beiden Staaten ein stärkeres wirtschaftliches Interesse als an Ungarn. Für die wirtschaftliche Zusammenarbeit von zentraler Bedeutung war der im Februar 1934 abgeschlossene Handelsvertrag, der den deutschen Markt für ungarische Agrarprodukte öffnete. Der bilaterale Handel war in beiderseitigem Interesse: Ungarn besaß erhebliche Agrarüberschüsse, Deutschland eine große Aufnahmekapazität für diese Produkte. Die Zahlen für den Anteil Deutschlands am ungarischen Außenhandel zeigen dies: Der Anteil Deutschlands am ungarischen Export stieg von ca. 11 - 12% Ende der zwanziger Jahre über ca. 24% Mitte der dreißiger Jahre auf über 50% im Jahr 1939 und dann auf über 60 bzw. 70% in den Jahren 1943/44. Noch offensichtlicher und bedeutender war die Dominanz Deutschlands im ungarischen Außenhandel, wenn man die Exportanteile bei bestimmten Warengruppen, z.B. bei Bauxit (1935: 96%), Fleisch (1935: 80%) oder Schweinespeck (1935: 56%) betrachtet.