Die ungeheure Dimension des finnougrischen Siedlungsgebiets
begünstigte gesellschaftlich die Herausbildung einer in Sippen gegliederten
Lebensform, sprachlich die Herausbildung einer zunächst dialektalen,
dann sprachlichen Differenzierung.
Diese klassische Theorie eines Stammbaums der uralischen bzw. finnougrischen
Sprachen und einer lokalisierbaren Urheimat wird seit Anfang der 1990er Jahre
von einer Gruppe vor allem aus Finnland und Estland stammender Archäologen
und Linguisten heftig befehdet.
Unter Berufung auf Ergebnisse genetischer Untersuchungen und
auf Forschungen zu Kontakten mit der indoeuropäischen Grundsprache kommen
diese Forscher zu dem Ergebnis, daß die Uralier bzw. Finnougrier kein
engeres Urheimatsgebiet besessen, sondern immer schon das gesamte Gebiet zwischen
dem Baltikum und dem Ural-Gebirge besiedelt hätten.