Vektorisieren von historischen Karten

Die Rasterdateien historischer Karten weisen einen relativ hohen Speicherbedarf auf. Die Verringerung des Speicherbedarfs läßt sich neben der oben umrissenen Verfahren auch dadurch erreicht werden, daß die Rasterdateien in Vektordateien umgewandelt werden. Diese Umwandlung läßt sich auf verschiedenen Wege erreicht werden: durch automatische Vektorisierung mittels speziellen Vektorisierungssoftware (z. B. Corel Trace), durch die Verwendung von Digitalisierungstabletts oder durch Bildschirmdigitalisierung in einem Desktop-Publishing-Graphikprogramm (z.B. Aldus Freehand, Corel Draw) Anmerkung 6.

Das Vektorisieren von historischen Karten, besonders bei den manuellen Verfahren, bedeutet eine Umzeichnung der Karten, wodurch die Unmittelbarkeit der Originale in bestimmten Aspekten verloren geht. Die Umwandlung der historischen Karten in Vektordateien bietet jedoch auch gewisse Vorteile. Sie ermöglicht z. B. die Einführung neuer Formen der Quelleninterpretation. Die Vektordateien sind auflösungsunabhängig und demzufolge können vektorisierte historische Karten in sehr großen Vergrößerungen in bezug auf solche Eigenschaften, die durch das Vektorisieren, nicht beeinträchtigt wurden, untersucht werden. Zu diesen Eigenschaften gehören vor allem die Lagebeziehungen. Weiterhin können den einzelnen Elementen der vektorisierten historischen Karten beliebige graphische Attribute oder Kommentare zugeordnet werden, wodurch ihre Auswertung als historische Quellen erleichtert werden kann. Anmerkung 7 Das Ebenenprinzip der DTP-Graphikprogramme ermöglicht ein rasches Selektieren der einzelnen Kartenelementen, die bei den Rasterdateien nur mit sehr hohem Zeitaufwand erreicht werden kann. Auch Kartenvergleiche können ebenfalls in sehr effektiver Form, in dem man den verschiedenen Ebenen unterschiedliche historische Karten zuordnet, vorgenommen werden.

Die Abbildungen 1 und 2 zeigen Beispiele für weitere Einsatzmöglichkeiten der Computerkartographie in der kartographiehistorischer Forschung. Die Abbildung 1 liefert eine vektorisierte, interpretierte Darstellung des Erdglobus in der "Schule von Athen" Raffaels (1508), zu dem möglicherweise ein früher, später verlorengegangener Globus als Modell diente. In der Abbildung 2 wird die von der "Alexanderschlacht" Albrecht Altdorfers (1529) abgeleitete Karte wiedergegeben, die den Kartenhistoriker mit interessanten Fragestellungen konfortiert, wie z. B.: Liegt den künstlerischen sog. "Weltlandschaften" eine kartographische Quelle zugrunde? Könnte die verdrehte Orientierung von Zypern als ein Indiz gewertet werden, daß Altdorfer mindestens zwei verschiedene kartographische Quellen nutzte?

Eine besondere Form des digitalen Kartenvergleichs stellt die Flächenverschneidung dar, die darin besteht, daß flächenhafte Elemente verschiedener Karten miteinander "geschnitten" werden.

Titelblatt